Der ausgeraubte Promi – und die Frau auf dem Pressefoto

Ist es zulässig, ein Foto in der Presse zu veröffentlichen, das mit Bikini bekleidete Frau zufällig neben einem Prominenten zeigt? Das Oberlandesgericht Karlsruhe verneint dies und spricht der auf dem Foto abgebildeten Frau einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB i.V. mit § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, § 22 KUG zu.

Durch die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos in der Printausgabe hat die Verlegerin das Recht der Frau am eigenen Bild (§ 22 KUG) verletzt und durch diesen Verstoß zugleich in ihr nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen1.

Bei der die Frau zeigenden Abbildung handelt es sich um ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG. Ein Bildnis liegt vor, wenn die Darstellung dazu bestimmt und geeignet ist, eine Person in ihrer dem Leben nachgebildeten äußeren Erscheinung dem Beschauer vor Augen zu führen und das Aussehen, wie es gerade dieser bestimmten Person eigen ist, im Bilde wiederzugeben. Dabei sind es in der Regel die Gesichtszüge, die einen Menschen von seinen Mitmenschen unterscheiden und für den Betrachter erkennbar machen. Hiernach ist es rechtlich unerheblich, ob die Darstellung gut oder mangelhaft ist oder ob die Ähnlichkeit eine größere oder eine geringere ist. Von Bedeutung ist allein die Erkennbarkeit des Abgebildeten2.

Die Veröffentlichung eines Bildes von einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter Weise abgebildet ist3. Dementsprechend entfällt das Rechtfertigungsbedürfnis nicht dadurch, dass die Frau im Hinblick auf die Örtlichkeit (öffentlicher Strand) angemessen gekleidet ist. Entscheidend ist vielmehr, ob eine Einwilligung vorliegt oder ob eine der in § 23 KUG genannten Fälle vorliegt, bei denen eine Einwilligung ausnahmsweise nicht erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen hier – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht vor.

Die Bildveröffentlichung ist ohne Einwilligung der Frau erfolgt. Nach dem unstreitigen Parteivortrag hat die Frau in die Bildveröffentlichung nicht ausdrücklich eingewilligt. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine konkludente Einwilligung. Voraussetzung für eine konkludente Einwilligung ist, dass dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt ist4. Dies haben die Verleger nicht dargetan und es sind keine Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Es ist von den Verleger nicht einmal vorgetragen, dass die Frau Kenntnis davon hatte, fotografiert zu werden. Im Hinblick darauf, dass die Frau ihren Blick nicht in die Kamera richtet, ist dies auch nicht naheliegend.

Zu Unrecht berufen sich die Verleger darauf, dass die Frau ohne ihre Einwilligung zur Schau habe gestellt werden dürfen (§ 23 KUG). Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen durch die Presse ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen5. Danach besteht eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Einwilligungserfordernis des § 22 KUG bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Nr. 1 KUG), wobei die Verbreitung des Bildnisses allerdings unzulässig ist, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG, BGH, GRUR 2008, 1017 Rn. 14 – Einkaufsbummel nach Abwahl). Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft6. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinen gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind7.

Maßgebend ist dabei, ob ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung gerade des Betroffenen besteht8. Auch wenn man annimmt, dass die Veröffentlichung einer Abbildung des Fußballprofis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Kontext des Berichts zulässig war, ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob auch die von der Frau beanstandete identifizierbare Abbildung ihrer Person rechtmäßig ist9. Da die Frau in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler stand, lässt sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Selbst im Falle einer irgendwie gearteten Beziehung der Frau zu dem Fußballspieler wäre ihre Abbildung hier nicht gerechtfertigt. Die beanstandete Aufnahme zeigt den Fußballspieler und die Frau am Strand. Sie zeigen die Abgebildeten daher in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen sind. Ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse oder eine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis ist den Abbildungen nicht zu entnehmen. Ein solches allgemeines Interesse oder zeitgeschichtliches Ereignis ergibt sich auch nicht aus der dem Bild beigefügten Wortberichterstattung. Die Bildinschrift, wonach der Fußballprofi „vorbildlich“ seinen Abfall entsorgt, hat keinen Bezug zu der Frau. Ebenso verhält es sich mit dem in dem Bericht beschriebenen Raubüberfall, dem der Fußballspieler zum Opfer gefallen ist, und der Mitteilung: „Gestern sahen wir … -Star … in pikanter Frauenbegleitung am Ballermann“. Selbst wenn man im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad des Fußballspielers diese Vorgänge als von allgemeinem Interesse und zeitgeschichtliche Ereignisse ansehen wollte, steht die Frau in keinem Zusammenhang mit diesem zeitgeschichtlichen Ereignissen.

Aber selbst wenn man mit der Verleger davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch auf unbekannte Personen bezieht, die zufällig mit relativen oder absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet werden, wäre – das zeitgeschichtliche Ereignis unterstellt – jedenfalls bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Interesse der Frau am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und der Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet. Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen unter anderem die in §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die vor Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsgemäßen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist10; auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen11. Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken im Wege der Abwägung zu entscheiden12. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht13. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi gestern noch am Strand war und dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt hat, jetzt Opfer einer Straftat wurde, ist nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Frau zurücktreten müsste. Die Aufnahme zeigt die Frau im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört14. Die Frau durfte die berechtigte Erwartung haben, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer abgeschirmten Örtlichkeit der Fall sein15. Insbesondere war es für die Information der Allgemeinheit nicht erforderlich, dass die völlig außerhalb des Geschehens stehende Frau identifizierbar abgebildet wurde. Es war der Verleger zu 1 als Presseunternehmen ohne Weiteres möglich, die Frau durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Was dies an der Aussagekraft des Berichts im Sinne ihres Anliegens, die Urlaubsgestaltung des Fußballprofis zu illustrieren, geändert hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Frau durch die Art, wie sie auf dem Lichtbild gezeigt wird, den Blicken des Publikums in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben ist als in anderen Situationen. Sie ist – für einen Strandaufenthalt typisch und adäquat – mit einem zweiteiligen Bikini bekleidet; auf dem Bild wendet sie dem Betrachter den Oberkörper zu. Dadurch wird ihre linke Brust dem Blick des Betrachters teilweise unbekleidet preisgegeben. Anders als etwa bei gewöhnlichen Aufnahmen im Straßenbild werden damit nicht nur die Gesichtszüge, sondern auch das körperliche Erscheinungsbild der Frau deutlich gezeigt. Durch die Veröffentlichung in der Printausgabe der B… wurde sie einem Millionenpublikum präsentiert. Damit handelt es sich bei der identifizierbaren Abbildung der Frau um einen deutlich intensiveren Eingriff als in den soeben genannten „Normalfällen“16. Teile der Leserschaft könnten die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Frau um die in dem Artikel genannte „pikante Frauenbegleitung“ handelt. Nach alldem kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob Männer der Frau tatsächlich Geld geboten haben, um sich mit ihr zu treffen.

Mit Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, die Bildveröffentlichung sei aufgrund einer analogen Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gerechtfertigt. Danach dürfen ohne die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden. Wie das Landgericht zu Recht erkannt hat, ist der unmittelbare Anwendungsbereich dieser Regelung nicht eröffnet. Schon der Begriff des „Bildes“ zeigt, dass es hier um Abbildungen geht, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes prägt. Die Personenabbildung muss derart untergeordnet sein, dass sie auch entfallen könnte, ohne den Gegenstand und Charakter des Bildes zu verändern17.

Nach einer teilweise vertretenen Auffassung, der das Landgericht folgt, unterfallen allerdings Personen, die im zufälligen Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis abgebildet sind – sofern sie dadurch nicht schon selbst Teil des zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden sind – § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG in analoger Anwendung18. Nach einer vermittelnden Ansicht findet § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG analoge Anwendung, jedoch muss gegebenenfalls durch Augenbalken oder durch Verwischung der Gesichtszüge die Person unkenntlich gemacht werden19. Dem kann nicht beigetreten werden20. Denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet werden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne weiteres die Veröffentlichung eines Begleiterfotos rechtfertigt21. Da bereits die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zu interessengerechten Ergebnissen führt, liegt insoweit auch keine Lücke vor.

Der Anspruch auf Entfernung des Fotos aus der Internetpräsenz der Zeitung ergibt sich auch insoweit aus § 1004 BGB i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, § 22 KUG. Das Persönlichkeitsrecht der Frau ist hier in stärkerer Weise betroffen als durch die Veröffentlichung in der Printausgabe. Bei dem in der Printausgabe abgedruckten Foto handelt es sich lediglich um einen Ausschnitt des auf der Internetseite der Verleger zu 2 vollständig veröffentlichten Fotos. Letzteres zeigt auch die unbekleideten Beine der Frau. Wegen der auf der Liege der Frau ruhenden Hand eines Dritten geht aus ihm darüber hinaus hervor, dass sie in Begleitung ist. Da der dazu veröffentlichte Text sich nicht erheblich von dem der Printausgabe unterscheidet, kann die Abwägung zu keinem anderen Ergebnis führen als bei der Printausgabe.

Keine Geldentschädigung

Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts rechtfertigt einen Anspruch auf Geldentschädigung nur dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann22. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab22. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden22. Da die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild darin besteht, dass dem Verletzten – anders als in den anderen Fällen, in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kann – gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zu Gebote stehen, sind in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung zu stellen23.

Nach den Gesamtumständen des Streitfalls rechtfertigt jedoch die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Frau nicht die Zahlung einer Geldentschädigung. Es kommt für das Vorliegen eines schwerwiegenden Persönlichkeitseingriffs in erster Linie auf die Verkürzung der Persönlichkeitssphäre und damit auf die objektive Seite der Verletzung und weniger darauf an, wie sehr der Verletzte sich in subjektiver Hinsicht verletzt fühlt. Regelmäßig wird deshalb der Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt wird, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und die Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit24. Von einem solchen schwerwiegenden Eingriff kann hier nicht ausgegangen werden. Zwar ist die Frau durch die Darstellung im Bikini vergleichsweise intensiv in ihrem Persönlichkeitsrecht betroffen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass das Foto am Strand aufgenommen worden ist und die Frau situationsadäquat gekleidet war. Der vorliegende Fall unterscheidet sich dadurch von denjenigen Fällen, die den Entscheidungen des OLG Stuttgart25 und des Bundesgerichtshofs26 zugrunde liegen, dass die Abbildung der Frau weder als anstößig noch als obszön zu beurteilen ist27. Die Frau hat sich außerdem nicht an einer etwa für Dritte uneinsehbaren Stelle, sondern öffentlich inmitten einer größeren Anzahl von Strandgästen aufgehalten und sich damit selbst einer, wenn auch begrenzten Öffentlichkeit, gezeigt28. Es kann dabei zugunsten der Frau unterstellt werden, dass sie von Männern angesprochen wurde und diese ihr Geld für ein Treffen geboten haben. Denn die beanstandeten Veröffentlichungen geben keinerlei Anlass für die Annahme, dass die Frau käuflich sei. Dies macht auch die Frau nicht geltend, die den entsprechenden Vortrag lediglich als Beleg dafür sieht, dass es sich bei der Frau nicht um „Beiwerk“ handelt. Auch der Hinweis auf eine „pikante“ Frauenbegleitung im Text kann nicht die Annahme eines schwerwiegenden Eingriffs rechtfertigen.

Es fehlt außerdem an dem gebotenen unabwendbaren Bedürfnis. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll er der Prävention dienen23. Beide Gesichtspunkte kommen hier nicht zum Tragen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Foto nicht herabsetzend wirkt, so dass eine Entschädigung nicht unter dem Gesichtspunkt der Genugtuung gefordert ist. Die Zuerkennung einer Geldentschädigung ist schließlich auch nicht aus Präventionsgesichtspunkten geboten. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung der Frau vorsätzlich und nur zu dem Zweck der Gewinnerzielung erfolgt ist. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten das Recht der Frau am eigenen Bild mit einer besonderen Hartnäckigkeit verletzt haben. Unstreitig haben die Beklagten der Frau angeboten, ihr Gesicht zu verpixeln, was die Frau abgelehnt hat.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 14. Mai 2014 – 6 U 55/13

  1. vgl. BGH, NJW 1985, 1617, 1618[]
  2. BGHZ 26, 349 – Herrenreiter; BGH, NJW 1965, 2148/2149 – Spielgefährtin; OLG Karlsruhe, GRUR 1989, 823, 824[]
  3. BGH, GRUR 2011, 261, -Party-Prinzessin mwN.[]
  4. vgl. OLG Frankfurt, GRUR 1991, 49 ff; OLG Hamburg, NJW-RR 2005, 479, 480; OLG Hamburg, AfP 2012, 166 Rn.17 – zitiert nach juris[]
  5. BGH, GRUR 2008, 1017 Rn. 14 – Einkaufsbummel nach Abwahl[]
  6. BGH, GRUR 2007, 899, Rn.19 – Grönemeyer[]
  7. BGH, GRUR 2008, 1017 Rn. 16 – Einkaufsbummel nach Abwahl mwN.[]
  8. BGH, NJW 1965, 2148, 2150; OLG Karlsruhe, GRUR 1989, 823, 824 – Unfallfoto[]
  9. vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 1273, 1274[]
  10. BGH, GRUR 2008, 1024 Rn. 16 – Shopping mit Putzfrau auf Mallorca; vgl. BVerfG, GRUR 2006, 1051 – Lebenspartnerin von Bernd Tewaag[]
  11. BGH, GRUR 2008, 1024 Rn. 16 – Shopping mit Putzfrau auf Mallorca; vgl. EGMR, GRUR 2004, 1051 – von Hannover/Deutschland[]
  12. BGH aaO.[]
  13. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; BGH, GRUR 2007, 899 Rn. 22 – Grönemeyer[]
  14. vgl. BGH, GRUR 2007, 902 Rn. 13 – Abgestuftes Schutzkonzept II[]
  15. vgl. BGH, GRUR 2008, 1024 Rn. 27 – Shopping mit Putzfrau auf Mallorca[]
  16. ähnlich für „Oben ohne-Aufnahme: OLG Oldenburg, NJW 1989, 400, 401[]
  17. OLG Karlsruhe, GRUR 1989, 823, 824 – Unfallfoto; OLG Oldenburg, NJW 1989, 400, 401; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 23 KunstUrhG Rn. 27; Dreier/Specht, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 23 KUG Rn. 35[]
  18. Schöffengericht Ahrensbröck, DJZ 1920, 596; Fricke aaO. Rn. 27[]
  19. Dreier/Specht aaO. Rn. 37[]
  20. vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 1273[]
  21. vgl. BGH, GRUR 2007, 899, Rn. 26 – Grönemeyer; zur Entwicklung der Rspr. zu Begleitfällen vgl. Fricke, aaO. Rn.19[]
  22. BGHZ 183, 227 Rn. 11[][][]
  23. BGH, GRUR 1996, 227, 229 – Wiederholungsveröffentlichung[][]
  24. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1999, 103, 104[]
  25. OLG Stuttgart, NJW 1982, 652; NJW 1983, 120[]
  26. BGH, NJW 1985, 1617[]
  27. vgl. OLG München, NJW-RR 1986, 1251, 1252[]
  28. vgl. OLG München, NJW-RR 1986, 1251/1252[]