Die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags

Mit der Bestimmtheit eines Klageantrags bei einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

Die hinreichende Bestimmtheit eines Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen1.

Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn er

  • den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet,
  • dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt,
  • Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt,
  • das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und
  • eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt.

Dies ist bei einem Unterlassungsantrag regelmäßig der Fall, wenn die konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist2.

Wird demgegenüber – wie im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Streitfall – ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch vorbeugend geltend gemacht, kommt es – soweit die konkret erwartete Verletzungsform im Einzelfall ungewiss bleibt – maßgeblich darauf an, ob das Klagebegehren im Rahmen des dem Kläger Möglichen und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für beide Seiten Gebotenen hinlänglich eindeutig formuliert ist und als Urteilstenor vollstreckbar wäre3.

An diesen Anforderungen gemessen ist der Antrag der Klägerin im hier entschiedenen Fall hinreichend bestimmt. Zwar ist er auch unter Berücksichtigung des im Antrag in Bezug genommenen anwaltlichen Schreibens des Beklagten vom 14.12.2017 denkbar weit gefasst, da darin lediglich „eine Berichterstattung über den Plagiatsfall Ihrer Mandantin und deren Bemühungen, bisherige Berichterstattung zu unterbinden“ angekündigt wurde. Trotz und gerade wegen dieser Weite ist der Antrag jedoch bestimmt. Denn für den Beklagten ergibt sich hieraus sowohl im Hinblick auf seine Rechtsverteidigung wie auch unter dem Gesichtspunkt der Zwangsvollstreckung eindeutig, dass die Klägerin das Unterlassen jeder Berichterstattung über gegen sie erhobene Plagiatsvorwürfe einschließlich etwaiger Bemühungen, bisherige Berichterstattung zu unterbinden, begehrt, sofern sie namentlich erfolgt. Ob eine Berichterstattung den Namen einer Person nennt oder nicht, unterliegt aber keinem Zweifel.

Wenn der Antrag dabei nach seiner Formulierung auch Fälle umfasst, deren Verbot die Klägerin gar nicht verlangen kann, lässt sich daraus kein Einwand gegen seine Bestimmtheit, sondern allenfalls gegen seine sachliche Berechtigung herleiten3.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. März 2021 – VI ZR 73/20

  1. vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2019 – VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 11 mwN[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2019 – VI ZR 506/17, AfP 2019, 40 Rn. 12 mwN[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1986 – I ZR 43/84, WRP 1987, 101, 102 14 – Tomatenmark[][]