Die Sendelizenz – und ihre Bilanzierung
Eine „Sendelizenz“ nach dem Landesmediengesetz Baden-Württemberg kein aktivierungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut. Die medienrechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung eines privaten Veranstalters von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen schließen eine für die Wirtschaftsgutseigenschaft ausreichende wirtschaftliche Übertragbarkeit der „Sendelizenz“ aus.
Es mangelt insoweit bereits an einer ausreichenden wirtschaftlichen Übertragbarkeit der „Sendelizenz“, so dass für den Bundesfinanzhof offenbleiben kann, ob § 5 Abs. 2 EStG, der nur die Aktivierung derivativ erworbener immaterieller Wirtschaftsgüter zulässt, ebenfalls einer Aktivierung der „Sendelizenz“ entgegenstünde.
Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der Begriff des zu aktivierenden „Wirtschaftsguts“ in Anlehnung an den Begriff „Vermögensgegenstand“ im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, die entweder einzeln oder zusammen mit dem Betrieb übertragen werden können und aus der Sicht eines potentiellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben1. Dies gilt auch für immaterielle Wirtschaftsgüter2.
Nach diesen Maßstäben stellt die streitbefangene Sendelizenz schon deshalb kein eigenständiges zu aktivierendes Wirtschaftsgut dar, weil die medienrechtlichen Rahmenbedingungen eine für die Wirtschaftsgutseigenschaft ausreichende wirtschaftliche Übertragbarkeit3 der nach den Feststellungen des Finanzgerichts ausschließlich der Rundfunkbetreiberin erteilten Sendelizenz ausschließen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 4 Satz 1 LMedienG BW ist die Zulassung eines privaten Veranstalters von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen nicht übertragbar. Die Regelung dient -wie das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) mit Beschluss vom 25.01.20064 zu der gleichlautenden Regelung in (jetzt) § 24 Abs. 1 Satz 3 (damals Satz 2) des Landesmediengesetzes Rheinland-Pfalz ausgeführt hat und wie auch in der Kommentarliteratur zu § 12 LMedienG BW vertreten wird5- dem Zweck, eine Umgehung der persönlichen Zulassungsvoraussetzungen für die Erteilung einer rundfunkrechtlichen Erlaubnis zu vermeiden. Darüber hinaus will auch § 12 Abs. 4 Satz 2 LMedienG BW die „Identität“ des Veranstalters von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen sichern, indem die Vorschrift bestimmt, dass eine (unzulässige bzw. schädliche) Übertragung der Zulassung anzunehmen ist, wenn innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren seit der Zulassung mehr als 50 vom Hundert der Kapital- oder Stimmrechtsanteile auf andere Gesellschafter oder Dritte übertragen werden und dies nach den gesamten Umständen, insbesondere bei einer wesentlichen Änderung des Programmkonzeptes oder einer Änderung des Programmnamens, einem Wechsel des Veranstalters gleichkommt. Wie auch dem vom Finanzgericht in Bezug genommenen und von der Rundfunkbetreiberin angeführten BVerwG-Urteil in NVwZ-RR 2012, 808 für das BayMG zu entnehmen ist, ist Hintergrund der Ausgestaltung der rundfunkrechtlichen Zulassung als höchstpersönliches Recht, dass den Inhaber- und Beteiligungsverhältnissen eines Anbieters nach Auffassung des Gesetzgebers eine wichtige Bedeutung zukommen soll. Eine (allerdings folgerichtige) Ausnahme sieht § 12 Abs. 4 Satz 3 LMedienG BW nur für Übertragungen vor, die durch Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz vorgenommen werden. Danach soll lediglich bei sog. formwechselnden Umwandlungen, bei denen eine Gesellschaft lediglich ihre Rechtsform wechselt, ohne aber ihre Identität einzubüßen, keine Vermögensübertragung i.S. von § 12 Abs. 4 Satz 1 LMedienG BW vorliegen6.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg ist in der Vorinstanz7 zu Recht davon ausgegangen, dass mit der Ausgestaltung der rundfunkrechtlichen Zulassung als höchstpersönliches Recht die auch für ein immaterielles Wirtschaftsgut erforderliche ausreichende wirtschaftliche Übertragbarkeit nicht vereinbar ist. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall beispielsweise von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Rechtsnatur einer Güterverkehrskonzession als Wirtschaftsgut. Jene Rechtsprechung ist nämlich von der Möglichkeit ausgegangen, „zur Weiterführung eines Unternehmens oder eines selbständigen, abgrenzbaren Unternehmensteils im Einzelfall unter Anlegung eines strengen Maßstabes“ die Konzession zusammen mit dem Betrieb einer Spedition zu veräußern bzw. zu erwerben8. Die ausreichende wirtschaftliche Übertragbarkeit der streitbefangenen Sendelizenz kann -wie das Finanzgericht zutreffend erkannt hat- auch nicht durch eine mittelbare Übertragung durch Abtretung der Anteile an der unternehmenstragenden Gesellschaft (sog. „share-deal“, zum Begriff z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.01.2013 – XII ZR 38/12, Neue Juristische Wochenschrift 2013, 1083, Rz 16) begründet werden. Zum einen ist die Übertragung von Anteilen am Veranstalter nach Maßgabe des § 12 Abs. 4 Satz 2 LMedienG BW unzulässig und insoweit nach § 134 BGB nichtig9. Zum anderen ist dem Finanzgericht darin zu folgen, dass sich bei einer Anteilsübertragung aus ertragsteuerlicher Sicht nicht der Rechtsträger bzw. Inhaber des Vorteils, sondern nur die Zusammensetzung im Bestand der Gesellschafter am Rechtsträger bzw. Inhaber ändert und damit ein „share-deal“ lediglich Ausdruck der Verkehrsfähigkeit der Anteile an der Gesellschaft, nicht aber der Verkehrsfähigkeit der der Gesellschaft zuzurechnenden Vorteile ist.
Gleichwohl war die vorliegende Sache für den Bundesfinanzhof noch nicht spruchreif. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts geht der Bundesfinanzhof zwar davon aus, dass die streitbefangenen Aufwendungen der Rundfunkbetreiberin, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 EStG) ermittelt, grundsätzlich Betriebsausgaben sein können; der Bundesfinanzhof vermag jedoch mit Ausnahme des von G im Streitjahr in Rechnung gestellten Honorars nicht zu beurteilen, ob diese schon im Streitjahr erfolgswirksam zu berücksichtigen sind. Hinsichtlich der streitbefangenen Aufwendungen der Komplementärin für das Beratungshonorar des D vermag der Bundesfinanzhof bereits nicht zu beurteilen, ob diese überhaupt im Gewinnfeststellungsverfahren der Rundfunkbetreiberin als Sonderbetriebsausgaben der Komplementärin zu berücksichtigen sind.
Nachdem die Aktivierung von Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts „Sendelizenz“ im Streitfall ausscheidet, sind die streitbefangenen Aufwendungen der Rundfunkbetreiberin grundsätzlich -d.h. losgelöst von der Frage, in welchem Jahr diese erfolgswirksam zu berücksichtigen sind- geeignet, als sofort abziehbare Betriebsausgaben qualifiziert zu werden. Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Würdigung des Finanzgerichts, dass die von der Rundfunkbetreiberin getragenen Aufwendungen für die von der LfK festgesetzten Gebühren und die von G in Rechnung gestellten Leistungen durch den Betrieb der Rundfunkbetreiberin veranlasst sind, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit und nach den Feststellungen des Finanzgerichts zumindest möglich. G hat danach Leistungen, die im weitesten Sinne als Beratung einzustufen sind, im Zusammenhang mit der Bewerbung der Rundfunkbetreiberin um eine Sendelizenz erbracht.
Bei den streitbefangenen Aufwendungen der Komplementärin lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts hingegen schon nicht beurteilen, ob und ggf. inwieweit diese ungeachtet des Jahrs ihrer erfolgswirksamen Berücksichtigung statt -wie es wohl ursprünglich die Komplementärin selbst gesehen hat- im Gewinnfeststellungsverfahren der Komplementärin als Obergesellschaft -wie nunmehr begehrt- im Gewinnfeststellungsverfahren der Rundfunkbetreiberin als Untergesellschaft zu berücksichtigen sind.
Zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören auch alle Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der gewerblich tätigen Personengesellschaft haben10. Sie sind bei ihm als Sonderbetriebsausgaben zu erfassen11. Ob und inwieweit Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen vornimmt. Die Gründe bilden das „auslösende Moment“, das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Kosten zu tragen12.
Das Finanzgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei der streitigen Zahlung der Komplementärin an D in Höhe von 270.750 € nicht um eine verdeckte Kaufpreiszahlung, sondern um ein Beratungshonorar gehandelt habe, und dass damit feststehe, dass die Zahlung durch den Erwerb der Sendelizenz betrieblich veranlasst gewesen sei. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Zahlung aus Sicht der Komplementärin gerade durch ihre Beteiligung an der Rundfunkbetreiberin und nicht etwa aus eigenbetrieblichen Gründen der Komplementärin veranlasst war. Es fehlt an einer nachvollziehbaren Begründung, weshalb insoweit die Beteiligung der Komplementärin an der Rundfunkbetreiberin „das auslösende Moment“ gewesen sein sollte. Nicht die Rundfunkbetreiberin, sondern allein die Komplementärin ist zivilrechtlich Vertragspartner des D gewesen. Ausweislich der notariellen Urkunde vom 02.08.2005 wollte sich die Komplementärin „mittelbar oder unmittelbar über eine beherrschte Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft“ um die Erteilung der Fernseh-Lizenz bewerben, bei deren Erwerb D beratend unterstützen sollte. Zudem betraf das zugrundeliegende Vertragswerk u.a. auch den Erwerb von Anteilen an Gesellschaften, die jeweils bereits zugelassene regionale Fernsehsender betrieben, durch die Komplementärin. Diese Umstände könnten für ein eigenbetriebliches Interesse der Komplementärin am Abschluss des Beratungsvertrags mit D sprechen. So hat nach den Feststellungen der Außenprüfung auch die Komplementärin selbst das im Jahr 2006 von ihr gezahlte Honorar des D zunächst in ihrer eigenen Gewinnermittlung für das Streitjahr als „Beratungsaufwand (sonstige Verbindlichkeit)“ verbucht.
Wären die streitbefangenen Aufwendungen im Betrieb der Komplementärin veranlasst, könnten sie schon deshalb nicht als deren Sonderbetriebsausgaben bei der Rundfunkbetreiberin berücksichtigt werden.
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts vermag der Bundesfinanzhof des Weiteren nicht zu beurteilen, ob dem Finanzgericht darin zu folgen ist, dass die gesamten streitbefangenen Aufwendungen der Rundfunkbetreiberin bereits im Streitjahr erfolgswirksam als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Nur für bereits im Streitjahr erbrachte Leistungen des G ist auch in diesem Jahr ein Betrag in Höhe von 23.210, 30 € in Rechnung gestellt worden. Nachdem die betriebliche Veranlassung dieser Aufwendungen nicht im Streit steht und ihre erfolgsneutrale Aktivierung nicht in Betracht kommt, sind diese jedenfalls im Streitjahr als Betriebsausgaben zu erfassen, wobei hinsichtlich dieser der Höhe nach feststehenden Aufwendungen für den Fall der Zahlung durch die Rundfunkbetreiberin erst im Folgejahr erfolgswirksam eine Verbindlichkeit in der Gesamthandsbilanz der Rundfunkbetreiberin zu passivieren wäre.
Mit Ausnahme des Betrags in Höhe von 23.210, 30 € für Leistungen des G sind die streitbefangenen Gebühren sowie das restliche Honorar des G jedoch erst im Jahr 2006 festgesetzt bzw. in Rechnung gestellt worden. Zur Zahlung der Gebühren und des 2006 in Rechnung gestellten Honorars des G durch die Rundfunkbetreiberin enthält das FG, Urteil keine Feststellungen. Unterstellt, dass Gebühren und Honorar erst nach ihrer Festsetzung bzw. Inrechnungstellung bezahlt worden sind, kommt eine erfolgswirksame Berücksichtigung des entsprechenden Aufwands als Betriebsausgaben bereits im Streitjahr nur insoweit in Betracht, als im Streitjahr in der Gesamthandsbilanz der Rundfunkbetreiberin hinsichtlich dieser Aufwendungen entweder eine Verbindlichkeit oder eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren wäre. Zwar scheidet nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts die Passivierung von Verbindlichkeiten aus. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts lässt sich jedoch nicht beurteilen, ob bzw. inwieweit im Streitjahr Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren wären. Das Finanzgericht ist ohne weitergehende Prüfung lediglich davon ausgegangen, dass (auch) sämtliche streitbefangenen Aufwendungen der Rundfunkbetreiberin als Betriebsausgaben sofort abziehbar und „insoweit unstreitig“ durch Bildung einer Rückstellung bereits im Streitjahr zu berücksichtigen seien.
Nach § 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz Schulden zu passivieren, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am zu beurteilenden Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt. Dies gilt nach dem aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG folgenden sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für Zwecke der Steuerbilanz13. Nach allgemeinen Grundsätzen entstehen Ansprüche und Verpflichtungen zu dem Zeitpunkt, zu dem die sie begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind14. Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeit kommt es nicht an15.
Diese Voraussetzungen liegen nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts hinsichtlich der hier in Rede stehenden Aufwendungen nicht vor. Soweit die Gebühren für die Erteilung der Sendelizenz erst in dem unter dem 20.02.2006 erlassenen Lizenzierungsbescheid der LfK festgesetzt worden sind und der G den als „einmaliges Erfolgshonorar“ in Höhe von 5.000 € verstandenen Anteil der von ihm abgerechneten Beratungsleistungen erst im Jahr 2006 in Rechnung gestellt hat, ist nicht erkennbar, dass bereits im Streitjahr eine Verpflichtung zur Leistung der Gebühren bzw. des restlichen Honorars des G bestand, die von der LfK bzw. dem G bereits im Streitjahr von der Rundfunkbetreiberin hätte erzwungen werden können. Die die jeweiligen Verpflichtungen begründenden Tatbestandsmerkmale waren zum maßgeblichen Bilanzstichtag 31.12.2005 nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts offenkundig noch nicht erfüllt.
Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz16. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach -deren Höhe zudem ungewiss sein kann- sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen17. Ist eine Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist18. Mit dieser Rechtsansicht des Bundesfinanzhofs steht die Rechtsprechung des I. Bundesfinanzhofs des Bundesfinanzhofs in Einklang, der zufolge für den Fall, dass eine Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden ist, eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden kann, dass sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht wurde19.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen vermag der Bundesfinanzhof aufgrund der bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts nicht abschließend zu beurteilen, ob hinsichtlich der Aufwendungen für die von der LfK festgesetzten Gebühren und für das von G im Jahr 2006 in Rechnung gestellte „Erfolgshonorar“ bereits im Streitjahr erfolgswirksam eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in der Gesamthandsbilanz der Rundfunkbetreiberin zu passivieren ist.
Die im Streitjahr der Höhe nach noch ungewissen Gebühren sind erst mit ihrer Festsetzung durch die LfK mit Bescheid vom 20.02.2006 rechtlich entstanden. Ihre wirtschaftliche Verursachung im Streitjahr könnte allenfalls auf Umstände gestützt werden, die im Zusammenhang mit der vom Finanzgericht festgestellten, bereits im Streitjahr getroffenen „Entscheidung“ der LfK stehen, die durch Pressemitteilung vom gleichen Tag bekanntgegeben worden sein soll. Den genauen Inhalt, den Rechtscharakter und die möglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der „Entscheidung“ hat das Finanzgericht nicht festgestellt. Deshalb ist unklar, welche Bedeutung eine „Entscheidung“ der LfK vor Erlass des Bescheids vom 20.02.2006 gehabt hat und welche Folgerungen daraus für die wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung zur Zahlung der Gebühren bereits im Streitjahr abzuleiten sein könnten.
Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts deuten darauf hin, dass die Honorarforderung des G in Höhe von 5.000 € auch rechtlich als Erfolgshonorar ausgestaltet worden ist. Dies könnte dafür sprechen, dass diese Honorarforderung von der rechtlich verbindlichen Erteilung einer Sendelizenz durch einen entsprechenden Bescheid abhängig gemacht worden ist. Dann wäre diese Forderung nicht nur rechtlich erst im Jahr 2006 mit Erlass des Bescheids der LfK aufschiebend bedingt entstanden, sondern auch wirtschaftlich erst im Jahr 2006 verursacht worden.
Andererseits ist es aber auch nicht ausgeschlossen, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Streitjahr -etwa dem der Veröffentlichung einer entsprechenden Pressemitteilung der LfK- eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens der entsprechenden Verbindlichkeit dem Grunde nach bestand und auch deren wirtschaftliche Verursachung in diesem Jahr begründet sein könnte. Den genauen Inhalt der Vereinbarung mit G hat das Finanzgericht jedoch nicht festgestellt und deshalb auch nicht geprüft, ob bzw. inwieweit sich aus der Vereinbarung Hinweise auf eine wirtschaftliche Verursachung des vermeintlichen Erfolgshonorars bereits im Streitjahr und damit vor Erlass des Bescheids der LfK ergeben könnten. Weil für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nach den ausgeführten Maßstäben die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach genügt, stünde es im Übrigen der Bildung einer Rückstellung nicht entgegen, wenn das „Erfolgshonorar“ des G am maßgeblichen Bilanzstichtag der Höhe nach bereits festgestanden hätte.
Mit der Zurückverweisung erhält das Finanzgericht Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen. Lediglich hinsichtlich der von G im Streitjahr in Rechnung gestellten Leistungen wäre davon auszugehen, dass das entsprechende Honorar in Höhe von 23.210, 30 € im Streitjahr als Betriebsausgabe der Rundfunkbetreiberin zu berücksichtigen ist. Bei Zahlung durch die Rundfunkbetreiberin erst im Folgejahr wäre erfolgswirksam eine entsprechende Verbindlichkeit in der Gesamthandsbilanz der Rundfunkbetreiberin zum Bilanzstichtag 31.12.2005 zu passivieren. Im Übrigen wären Betriebsausgaben der Rundfunkbetreiberin nur zu berücksichtigen, soweit bereits zum Bilanzstichtag 31.12.2005 erfolgswirksam eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in deren Gesamthandsbilanz zu passivieren wäre.
Sollte das Finanzgericht bei seiner erneuten Entscheidung zu dem Schluss kommen, dass die streitbefangenen Aufwendungen der Komplementärin im Gewinnfeststellungsverfahren der Rundfunkbetreiberin zu berücksichtigen sind, wird es in gleicher Weise wie bei der Rundfunkbetreiberin zu prüfen haben, ob die Aufwendungen bereits im Streitjahr als Sonderbetriebsausgaben erfolgswirksam zu erfassen sind. Nachdem die Komplementärin nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts das Honorar des D erst im Jahr 2006 gezahlt hat, wäre dies nur dann der Fall, wenn im Sonderbetriebsvermögen der Komplementärin bei der Rundfunkbetreiberin zum Bilanzstichtag 31.12.2005 erfolgswirksam eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren wäre, die dann bei Zahlung des Honorars des D in Gestalt einer Einlage der Komplementärin im Folgejahr erfolgsneutral auszubuchen wäre20.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. März 2022 – IV R 13/18
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 14.12.2011 – I R 108/10, BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238, Rz 12; vom 29.11.2012 – IV R 47/09, BFHE 239, 428, BStBl II 2013, 324, Rz 33; vom 06.12.2017 – VI R 65/15, BFHE 260, 258, BStBl II 2018, 353, Rz 12; vom 12.03.2020 – IV R 9/17, BFHE 268, 319, BStBl II 2021, 226, Rz 25, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil in BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238, Rz 12 und 19, dort zu Ablösezahlungen im Profi-Fußball[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 236, 117, BStBl II 2012, 238, Rz 19[↩]
- VG Neustadt, Beschluss vom 25.01.2006 – 6 L 47/06.NW, Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst 2006, 483[↩]
- vgl. Birkert/Reiter/Scherer, Landesmediengesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 12 Rz 6[↩]
- vgl. Birkert/Reiter/Scherer, a.a.O., § 12 Rz 6, mit Hinweis auf Gesetzesmaterialien[↩]
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.05.2017 – 4 K 173/14[↩]
- näher BFH, Urteil vom 10.08.1989 – X R 176-177/87, BFHE 158, 53, BStBl II 1990, 15, unter 1.c und d, m.w.N.[↩]
- vgl. Birkert/Reiter/Scherer, a.a.O., § 12 Rz 7[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 09.11.1988 – I R 191/84, BFHE 155, 454, BStBl II 1989, 343, unter II. 2.; vom 17.06.2019 – IV R 19/16, BFHE 265, 217, BStBl II 2019, 614, Rz 18, jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 29.07.2015 – IV R 16/12, Rz 16; vom 07.11.2018 – IV R 20/16, BFHE 262, 435, BStBl II 2019, 224, Rz 46, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 29.07.2015 – IV R 16/12, Rz 16; vom 30.11.2017 – IV R 22/15, Rz 17, jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 19.08.2020 – XI R 32/18, BFHE 270, 344, BStBl II 2021, 279, Rz 24, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 17.10.2013 – IV R 7/11, BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 20; vom 15.03.2017 – I R 11/15, BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043, Rz 20, jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043, Rz 20, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Urteile in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 16; in BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043, Rz 16, jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 17[↩]
- näher dazu BFH, Urteil in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 24 f.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043, Rz 17[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 265, 217, BStBl II 2019, 614, Rz 28[↩]