Getrennte Abmahnung von Wort- und Bildberichterstattung

Zur Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten bei getrennter Abmahnung der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wortberichterstattung einerseits und Bildberichterstattung andererseits hat aktuell der Bundesgerichtshof Stellung genommen:

Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Ein Erstattungsanspruch setzt grundsätzlich voraus, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand. Die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Frage beantworten, ob im konkreten Fall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Verfolgung der jeweiligen Ansprüche bestanden haben oder ob hierdurch lediglich Mehrkosten verursacht worden sind.

Dabei sieht der Bundesgerichtshof keine sachlichen Gründe für eine getrennte außergerichtliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche wegen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits. Die Abmahnungen hätten auch in einem einheitlichen Schreiben ausgesprochen werden und als eine Angelegenheit bearbeitet werden können.

Auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann.

Dabei ist im Streitfall darauf abzustellen, dass die Wort- und Bildberichterstattung Bestandteil eines Zeitungsartikels war und dass das die Eheleute O. abbildende Foto durch die räumliche Gestaltung und die Beifügung des Untertitels “Lassen sich scheiden: A. und C.O.” offensichtlich in einen Zusammenhang mit der Wortberichterstattung gestellt worden ist. Bei dieser Sachlage ist es für den Bundesgerichtshof aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, der Frage, wo das Bild aufgenommen wurde, keine Bedeutung beizumessen.

Die im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung der Unterlassungsansprüche entfalteten anwaltlichen Leistungen stimmten in ihrer Zielsetzung im Wesentlichen überein. Denn das mit ihnen verfolgte Rechtsschutzziel war gleichgerichtet. Der Kläger begehrte die Unterlassung zukünftigen rechtswidrigen Tuns. Aus welcher Motivation heraus er die erneute Veröffentlichung des Textes einerseits und des Bildes andererseits unterbinden wollte, ist demgegenüber unerheblich.

Auch ergibt sich ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer getrennten Verfolgung der Ansprüche nicht daraus, dass durch eine getrennte Bearbeitung eine bessere Übersichtlichkeit über die bereits anerkannten und die noch zu verfolgenden Ansprüche gegeben wäre. Hiervon kann nicht schon von vornherein ausgegangen werden. Vielmehr bleibt abzuwarten, ob eine differenziertere Bearbeitung durch den Rechtsanwalt erforderlich wird und infolgedessen aus der ursprünglich einheitlichen Angelegenheit mehrere Angelegenheiten entstehen. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass jede Abmahnung ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann und deswegen schwer absehbar war, wie sich der Streitfall entwickeln würde.

Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Gefahr einer erneuten rechtswidrigen Berichterstattung durch die Beklagte unter den Umständen des Streitfalles nur durch den Ausspruch getrennter Abmahnungen beseitigt werden konnte. Die bis auf zwei Sätze und den Betreff (Unterlassung Text bzw. Unterlassung Foto) identischen Abmahnschreiben datieren vom selben Tag und enthalten dieselbe Fristsetzung für die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Warum eine Beanstandung der Wort- und Bildberichterstattung in einem einheitlichen Schreiben unter diesen Umständen zu einer Rechtsverkürzung geführt hätte, zeigen die Kläger nicht auf. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK durch das Gericht scheidet bei dieser Sachlage aus.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Juli 2011 – VI ZR 214/10