Leuna/Minol – Geheimniskrämerei statt Informationsfreiheit
Betrifft ein Antrag auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz Aktenbestände, die so umfangreich sind, dass ihre vollständige Prüfung auf schutzwürdige Daten Dritter (z.B. personenbezogene Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) für die Behörde mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, reicht es aus, wenn Ausschlussgründe nur für einen Teil des Aktenbestandes dargelegt werden.
In einem jetzt vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall begehrte der Kläger nach dem Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Aktenbeständen im Umfang von mehreren tausend Ordnern, die im Zusammenhang mit der Privatisierung der Unternehmen Leuna/Minol durch die Treuhandanstalt Anfang der 1990erJahre entstanden sind. Er war nach eigenen Angaben seinerzeit als Lobbyist für das französische Unternehmen Elf Aquitaine tätig.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Berlin wies die Klage ab, weil eine Aussonderung bzw. Schwärzung der in den Akten enthaltenen, auch heute noch schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre1. In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben verpflichtet, dem Kläger – mit Ausnahme der zwischenzeitlich an das Bundesarchiv abgegebenen Unterlagen – Einsicht in den gesamten Aktenbestand zu gewähren2. Der Anspruch sei weder nach § 5 IFG (Schutz personenbezogener Daten) oder § 6 IFG (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) noch nach § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes ausgeschlossen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun das stattgebende Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen:
as Oberverwaltungsgericht hat, so das Bundesverwaltungsgericht, bei der Bestimmung der Anforderungen an die Darlegung von Ausschlussgründen den außerordentlichen Umfang der Aktenbestände nicht angemessen berücksichtigt. Zudem leidet die im Rahmen von § 5 IFG vorgenommene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und den schutzwürdigen Interessen Dritter an Mängeln. Das Oberverwaltungsgericht hat keine konkreten Feststellungen zu Art und Gewicht des Informationsinteresses getroffen. Die Erwägungen, mit denen es die Schutzwürdigkeit von personenbezogenen Daten Dritter verneint hat, sind nicht tragfähig.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. März 2016 – 7 C 22015 –
- VG Berlin, Urteil vom 12.10.2009 – 2 A 20.08[↩]
- OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.01.2014 – 12 B 50.09[↩]