Gerüchteküche online
Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereit hält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung regelmäßig dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen1. So genügt es für die Annahme eines ZuEigenMachens nicht, dass ein Presseorgan die ehrenrührige Äußerung eines Dritten in einem Interview verbreitet, ohne sich ausdrücklich von ihr zu distanzieren2. Auch kann sich schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall3.
Dem Betroffenen steht auch gegen einen solchen Verbreiter dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB zu. Denn er hat die in schwerwiegendem Maße persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattung Dritter durch seine nicht erweislich wahren Informationen veranlasst4.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12
- BGH, Urteile vom 30.06.2009 – VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn.19; vom 17.11.2009 – VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11; vom 27.03.2012 – VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11[↩]
- BGH, Urteil vom 17.11.2009 – VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11 mwN; BVerfGK 10, 485, 492; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 69; EGMR, Urteile vom 29.03.2001 – 38432/97 Rn. 64 – Thoma/Luxemburg; vom 30.03.2004 – 53984/00 Rn. 37 ff. – Radio France/Frankreich; vom 14.12 2006 – 76918/01 Rn. 33 ff. – Verlagsgruppe News GmbH/Österreich[↩]
- vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; AfP 2009, 480 Rn. 67; BGH, Urteil vom 17.11.2009 – VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN[↩]
- vgl. zur Haftung des Informanten: BGH, Urteile vom 11.05.1973 – I ZR 123/71, VersR 1973, 764 – KolloSchlager; vom 18.02.1993 – I ZR 14/91, AfP 1993, 566, 567 – Produktinformation I; vom 19.09.1996 – I ZR 130/94, AfP 1997, 524, 525 – Orangenhaut mwN; Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 229; Soehring in Soehring/Hoene, aaO, § 7 Rn. 32 ff.; Wenzel/von StroblAlbeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 381 ff.[↩]