Befristete Arbeitsverträge bei der Deutschen Welle

Die Befristung des Arbeitsvertrags einer Rundfunkanstalt mit ihren programmgestaltend tätigen Arbeitnehmern (hier: einem Redakteur der Deutschen Welle) ist aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung im Regelfall nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.

Die Befristung des Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Zu den von dieser Vorschrift erfassten Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden kann, zählen im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der vor In-Kraft-Treten des TzBfG geltenden Rechtslage die Arbeitsverhältnisse der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten.

Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG die für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen1.

Der durch das TzBfG gesetzlich ausgestaltete arbeitsrechtliche Bestandsschutz begrenzt als allgemeines Gesetz nach Art. 5 Abs. 2 GG nicht nur die Rundfunkfreiheit, sondern wird auch seinerseits durch die Freiheit des Rundfunks begrenzt2. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken.

Grundsätzlich schließt dies auch die Entscheidung darüber ein, ob Mitarbeiter fest oder nur für eine vorübergehende Dauer beschäftigt werden. Folglich kann die Befristung der Arbeitsverträge mit programmgestaltend tätigen Arbeitnehmern mit der Rundfunkfreiheit gerechtfertigt werden.

Allerdings kommt der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Dauerbeschäftigung kein genereller Vorrang zu. Ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit berührt, sind die Belange der Rundfunkanstalten und des betroffenen Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen3.

Auch die Deutsche Welle kann sich ls öffentlich-rechtliche Auslandsrundfunkanstalt auf die Rundfunkfreiheit berufen4. Sie betreibt Rundfunk iSd. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Satz 2 GG schützt die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff stellt auf die Herstellungs- und Verbreitungsmethode ab. Er ist gekennzeichnet durch das sendetechnische Element elektromagnetischer Schwingungen und durch das inhaltliche Kriterium der Ausrichtung auf einen offenen Empfängerkreis5. Geschützt sind alle Tätigkeiten, die mit der Veranstaltung von Rundfunk zusammenhängen und nicht rein fernmeldetechnischen Charakter tragen6. Der Inhalt der Sendungen ist für den Rundfunkbegriff unerheblich7. Träger des Grundrechts sind alle natürlichen und juristischen Personen, die Rundfunk veranstalten8. Das gilt nicht nur für private Veranstalter, sondern auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie sind zwar Teil der Staatsorganisation im weitesten Sinne, können aber im Rahmen ihrer Aufgaben Staatsunabhängigkeit verlangen und erforderlichenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen9. Sofern der Staat durch Maßnahmen, welche die Rundfunkanstalten in ihrer geschützten Tätigkeit beeinträchtigen, eingreift, können diese sich auf die Rundfunktätigkeit berufen. Der Staat darf nicht selbst als Rundfunkbetreiber auftreten10. Der Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks schließt staatliche Maßnahmen nicht aus, welche der Herstellung oder Erhaltung der Rundfunkfreiheit dienen; diese können verfassungsrechtlich sogar geboten sein11. Eine zu weitreichende Einschränkung der Rundfunkfreiheit durch staatliche Maßnahmen führt grundsätzlich nicht etwa dazu, dass die Rundfunkfreiheit entfiele und der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht mehr eröffnet wäre. Hieran ist vielmehr erst dann zu denken, wenn eine Rundfunkanstalt aufgrund ihrer Ausgestaltung derart in der Hand des Staates läge, dass sich die Rundfunkfreiheit durch die Beseitigung einzelner sie unzulässig einschränkenden Regelungen und Maßnahmen nicht herstellen ließe. Dann verstieße aber bereits die Existenz und Gründung eines solchen „Staatsrundfunks“ gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG12.

Hiernach genießt die Deutsche Welle den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie betreibt keinen „Staatsrundfunk“. Dass es sich bei der Beklagten um eine Auslandsrundfunkanstalt handelt, ändert daran nichts. Deshalb ist auch der Gesetzgeber bei der Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes vom 15.12 2004 zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fällt13. Die Beklagte ist kein – unzulässig errichteter – Staats- oder Regierungssender. Ihre Organisation liegt weder vollkommen in der Hand des Staates noch ist ihr Programmauftrag auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet. Entgegen der Auffassung des Klägers wird sie auch nicht in bundeseigener Verwaltung iSd. Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG geführt; sie ist nicht Teil des Auswärtigen Dienstes.

Die Deutsche Welle wird iSd. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG als Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung (§ 1 Abs. 2 DWG) betrieben.

Auch wenn Gesetzgebung und Verwaltung des Rundfunkwesens nach Art. 30, Art. 70 und Art. 83 GG grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen14, folgt die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine Auslandsrundfunkanstalt aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG15. Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die auswärtigen Angelegenheiten.

Unter auswärtigen Angelegenheiten im Sinn von Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG sind solche Fragen zu verstehen, die für das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, insbesondere für die Gestaltung der Außenpolitik, Bedeutung haben16. Die Angebote der Beklagten als Auslandsrundfunkanstalt (§ 1 Abs. 1 DWG) dienen – wie sich aus § 4 DWG ergibt – der Darstellung Deutschlands in Europa und auf anderen Kontinenten. Sie betreffen damit die Außenbeziehungen des deutschen Staates zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen. Die Beklagte als Auslandsrundfunkanstalt ist deshalb aber nicht Teil des Auswärtigen Dienstes iSd. Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern fällt unter Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG17. Der Auswärtige Dienst meint nur klassische diplomatische konsularische Gefüge18. Er besteht nach § 2 GAD aus dem Auswärtigen Amt (Zentrale) und den Auslandsvertretungen, die zusammen eine einheitliche Bundesbehörde unter Leitung des Bundesministers des Auswärtigen bilden. Auslandsvertretungen sind Botschaften, Generalkonsulate und Konsulate sowie ständige Vertretungen bei zwischenstaatlichen und überstaatlichen Organisationen, § 3 GAD. Dazu gehört die Beklagte nicht.

Die Zusammensetzung der sowie die Bestimmungen zu den Kontrollgremien (Rundfunkrat, § 31 DWG, und Verwaltungsrat, § 36 DWG) und die Regelungen zu Wahl und Aufgaben des Intendanten (§§ 40, 42 DWG) gewährleisten, dass die Beklagte nicht vom Staat bestimmt wird. Weder im Rundfunkrat noch im Verwaltungsrat der Beklagten besteht ein Übergewicht staatlicher oder staatsnaher Vertreter.

Nach § 32 Abs. 1 DWG vertritt der Rundfunkrat bei der Beklagten die Interessen der Allgemeinheit. Er beschließt über Fragen grundsätzlicher Bedeutung für die Beklagte, berät den Intendanten in allgemeinen Programmangelegenheiten und wirkt auf die Erfüllung des Programmauftrags hin. Von den 17 Mitgliedern des Rundfunkrats werden je zwei Mitglieder vom Deutschen Bundestag und Bundesrat gewählt sowie drei von der Bundesregierung benannt, § 31 Abs. 2 DWG. Die übrigen Mitglieder werden von im Einzelnen genannten gesellschaftlichen Gruppen bestimmt, § 31 Abs. 3 DWG. Die staatlichen oder staatsnahen Vertreter sind damit in der Minderheit. Die Bestimmung zu Beschlüssen und Wahlen (§ 34 DWG) gewährleistet, dass die staatlichen oder staatsnahen Vertreter nicht automatisch über die Mehrheit im Rundfunkrat verfügen. Zwar können bei Beschlüssen nach § 34 Abs. 2 Satz 1 DWG – je nach Anzahl der anwesenden Mitglieder – die nach § 31 Abs. 2 DWG bestimmten Vertreter über die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder verfügen. In Bereichen, die die Kontrolle der Beklagten und jedenfalls mittelbar die Programmgestaltung betreffen können, schließen § 34 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 DWG eine solche Mehrheit jedoch aus. § 34 Abs. 2 Satz 2 DWG gewährleistet ua., dass die nach § 31 Abs. 2 DWG bestimmten Vertreter nicht allein Verstöße gegen Programmgrundsätze feststellen können, da sie nicht über die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder verfügen. Gleiches gilt für die in § 34 Abs. 2 Satz 3 DWG geregelten Beschlüsse, die einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder bedürfen. Auch die Wahl des Intendanten nach § 34 Abs. 5 DWG erfordert mindestens die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 DWG überwacht der Verwaltungsrat die Geschäftsführung des Intendanten außerhalb der Programmgestaltung. Von den sieben Mitgliedern, aus denen der Verwaltungsrat besteht, werden je ein Mitglied vom Deutschen Bundestag; vom Bundesrat und von der Bundesregierung gewählt oder benannt, § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 DWG. Die übrigen Mitglieder werden vom Rundfunkrat aus den in § 31 Abs. 3 DWG genannten gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen gewählt, § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 DWG. Die staatlichen oder staatsnahen Vertreter sind damit in der Minderheit. § 39 DWG gewährleistet wie § 34 DWG für den Rundfunkrat, dass die nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 DWG bestimmten Vertreter bei Beschlüssen und Wahlen nicht automatisch über die Mehrheit verfügen. Insbesondere für die Feststellung des Haushaltsplans und die Zustimmung zum Beschluss über die Aufgabenplanung bedarf es der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder und nicht nur einer Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

Auch der Intendant, der die Beklagte nach § 42 DWG selbständig leitet, wird nicht vom Staat bestimmt. Er wird nach § 40 Abs. 1 Satz 1 DWG vom Rundfunkrat gewählt, wobei hierfür jedenfalls die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder erforderlich ist, § 34 Abs. 5 Satz 2 DWG. Seine Abberufung bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Rundfunkrats, § 34 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 DWG.

Der Programmauftrag der Beklagten ist nicht auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet. Vielmehr wird er der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Programmfreiheit gerecht.

Satz 2 GG schützt vor allem die Programmfreiheit. Sie gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können. Das Grundrecht verlangt eine positive Ordnung, die sicherstellt, dass der Rundfunk die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind ua. materielle Regelungen notwendig, die an der Aufgabe des Rundfunks orientiert sind und erreichen können, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit bewirken will19.

Diese an die Programmfreiheit zu stellenden Anforderungen gewährleistet das Deutsche-Welle-Gesetz entgegen der Auffassung des Klägers unzweifelhaft. Nach § 4 DWG sollen die Angebote der Beklagten Deutschland als europäisch gewachsene Kulturnation und freiheitlich verfassten demokratischen Rechtsstaat verständlich machen. Sie sollen deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum geben mit dem Ziel, Verständnis und Austausch der Kulturen und Völker zu fördern. Die Beklagte fördert dabei insbesondere die deutsche Sprache. Weitere Regelungen zum Programm enthalten §§ 5, 6, 6a, 9 und 10 DWG. So müssen Sendungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 DWG eine unabhängige Meinung ermöglichen und dürfen nicht einseitig eine Partei oder sonstige politische Vereinigung, eine Religionsgemeinschaft, einen Berufsstand oder eine Interessengemeinschaft unterstützen. Diese und die weiteren Vorgaben gewährleisten, dass eine Vielfalt von Themen und Meinungen dargestellt werden und zugleich die Grundrechte Dritter, insbesondere die Würde des Menschen nach Art. 1 Abs. 1 GG, geschützt werden. Im Rahmen dieser weit umrissenen Vorgaben kann die Beklagte frei bestimmen, welche Inhalte sie mit welchen redaktionellen Mitteln in welchem Format zu welchem Zeitpunkt darstellt.

Die Vorgaben im DWG zur Aufgabenplanung, zur Finanzierung sowie zur Rechtsaufsicht führen nicht dazu, dass der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit wegen einer staatlichen Beherrschung der Beklagten nicht eröffnet wäre. Es kann dahinstehen, ob mit diesen Regeln unzulässige Eingriffe in den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbunden sind. Jedenfalls stellen sie insbesondere angesichts der Zusammensetzung der Kontrollgremien und der im Programmauftrag angelegten Meinungsfreiheit nicht in Frage, dass die Beklagte dem Schutzbereich dieses Grundrechts unterfällt.

Die Abwägung zwischen den durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Belangen der Deutschen Welle als Rundfunkanstalt und den durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Belangen des Redakteurs an einer dauerhaften Beschäftigung ist geboten, weil der Redakteur programmgestaltend im Rundfunkbereich beschäftigt ist.

Ist die Befristung des Arbeitsvertrags eines programmgestaltenden Mitarbeiters mit einer Rundfunkanstalt auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Bestandsschutz des Arbeitnehmers und den bei Bejahung des Bestandsschutzes zu erwartenden Auswirkungen auf die Rundfunkfreiheit vorzunehmen. Dazu sind die Belange der Rundfunkanstalt und des Arbeitnehmers im Einzelfall abzuwägen, wobei den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf. Einerseits ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht das Bedürfnis der Rundfunkanstalten für die Beschäftigung von programmgestaltenden Mitarbeitern in befristeten Arbeitsverhältnissen vor allem deshalb anerkennt, weil veränderte Berichtsgegenstände, Programmtechniken, Wettbewerbslagen und Publikumsbedürfnisse eine Veränderung der Programmstruktur erforderlich machen und im Regelfall nicht zu erwarten ist, dass die bisher für die Programmgestaltung verantwortlichen Mitarbeiter ausreichend geeignet sind, auch in den geänderten Programmstrukturen tätig zu werden20. Andererseits ist die Interessenabwägung im Sinn einer praktischen Konkordanz ergebnisoffen vorzunehmen. Es kommt nicht von vornherein einer Position ein Übergewicht zu. Der sich aus den wechselseitigen Grundrechtspositionen ergebende Konflikt schließt jede undifferenzierte Lösung aus, welche den Schutz des einen Rechtsguts ohne ausführliche Würdigung dem Schutz des anderen Rechtsguts opfert. Weder darf programmgestaltend tätigen Rundfunkmitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandsschutz generell versagt werden noch dürfen bei der Entscheidung über diesen Schutz die Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts in einer Weise auf die Anstellungsverhältnisse dieser Mitarbeiter angewendet werden, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Rundfunkbetreiber, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt21. Im Einzelfall kommt es insbesondere darauf an, mit welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunk- und Fernsehanstalten Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr im Falle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht mehr den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht werden kann. Dabei kann eine lang andauernde Beschäftigung ein Indiz dafür sein, dass bei einer Rundfunkanstalt kein Bedürfnis nach einem personellen Wechsel besteht22. Es unterliegt der tatrichterlichen Würdigung durch das Landesarbeitsgericht, welche Gesichtspunkte im Streitfall von Bedeutung sind23. Revisionsrechtlich kann die Interessenabwägung nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen worden sind24.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Dezember 2013 – 7 AZR 457/12

  1. vgl. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 10, BAGE 119, 138; BT-Drs. 14/4374 S.19[]
  2. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 11, aaO; vgl. zum früheren Recht vor In-Kraft-Treten des TzBfG BVerfG 28.06.1983 – 1 BvR 525/82 – BVerfGE 64, 256, 261[]
  3. vgl. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 11, 20 f., aaO; 2.09.2009 – 7 AZR 233/08, Rn. 38, BAGE 132, 59; vgl. zu diesen Grundsätzen auch BVerfG 18.02.2000 – 1 BvR 491/93, 1 BvR 562/93, 1 BvR 624/98, zu II 2 c bb der Gründe[]
  4. vgl. BAG 20.06.2013 – 8 AZR 482/12, Rn. 45, 58; 2.09.2009 – 7 AZR 233/08, Rn. 38, BAGE 132, 59[]
  5. vgl. ErfK/Schmidt 13. Aufl. Art. 5 GG Rn. 90; Jarass in Jarass/Pieroth GG 12. Aufl. Art. 5 Rn. 36[]
  6. ErfK/Schmidt Art. 5 GG Rn. 92[]
  7. vgl. ErfK/Schmidt Art. 5 GG Rn. 91; Jarass in Jarass/Pieroth Art. 5 Rn. 39[]
  8. BVerfG 26.02.1997 – 1 BvR 2172/96, zu C I 1 a der Gründe, BVerfGE 95, 220[]
  9. vgl. BVerfG 13.01.1982 – 1 BvR 848/77 ua. – [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] BVerfGE 59, 231[]
  10. BVerfG 12.03.2008 – 2 BvF 4/03 – [Hessisches Privatrundfunkgesetz] Rn. 95 mwN, BVerfGE 121, 30[]
  11. BVerfG 12.03.2008 – 2 BvF 4/03 – [Hessisches Privatrundfunkgesetz] Rn. 96 mwN, aaO[]
  12. vgl. BVerfG 28.02.1961 – 2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60 – [Deutschland-Fernsehen, 1. Rundfunkurteil] zu D III der Gründe, BVerfGE 12, 205[]
  13. vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/3278 S. 11 und S. 18; Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz über den deutschen Auslandsrundfunk vom 22.05.1996 BT-Drs. 13/4708 S.20[]
  14. vgl. BVerfG 28.02.1961 – 2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60 – [Deutschland-Fernsehen, 1. Rundfunkurteil] zu E I der Gründe, BVerfGE 12, 205[]
  15. vgl. Heintzen in v. Mangoldt/Klein/Starck GG II 6. Aufl. Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 9; ebenso die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz über den deutschen Auslandsrundfunk vom 22.05.1996 in BT-Drs. 13/4708 S.20 sowie Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des DWG vom 10.06.2004 BT-Drs. 15/3278 S. 11[]
  16. vgl. BVerfG 14.07.1999 – 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95 – [Telekommunikationsüberwachung] zu C III 1 a der Gründe, BVerfGE 100, 313[]
  17. vgl. Heintzen in v. Mangoldt/Klein/Starck Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 9; Hermes in Dreier (Hrsg.) Grundgesetz-Kommentar Bd. III 2. Aufl.2008 Art. 87 Rn. 28[]
  18. vgl. Sachs in Sachs (Hrsg.) Grundgesetz 6. Aufl.2011 Art. 87 Rn. 27[]
  19. vgl. BVerfG 22.02.1994 – 1 BvL 30/88 – [Rundfunkgebühren, 8. Rundfunkurteil, Kabelgroschen] zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 90, 60[]
  20. BVerfG 13.01.1982 – 1 BvR 848/77 ua. – [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] BVerfGE 59, 231; BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 24, BAGE 119, 138[]
  21. BVerfG 13.01.1982 – 1 BvR 848/77 ua. – [freier Rundfunkmitarbeiter, WDR] aaO[]
  22. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 21, aaO[]
  23. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 27, aaO[]
  24. vgl. BAG 26.07.2006 – 7 AZR 495/05, Rn. 21, aaO[]