Tarife für die Nutzung von Urheberrechten – und die von der Verwertungsgesellschaft wahrgenommenen Rechte
Eine Verwertungsgesellschaft, die Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt, ist verpflichtet, Tarife über die Vergütung für die Nutzung dieser Rechte nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte festzusetzen.
Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf die Klage der VG Media (Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Sendeunternehmen und Presseverlegern mbH), einer Verwertungsgesellschaft, die für private Fernseh- und Hörfunk-Sendeunternehmen Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt. Für die Lizenzierung dieser Rechte an Nutzer erhält sie eine Vergütung, die sie an die Inhaber der Rechte verteilt. Die Höhe der Vergütung, welche die VG Media von Nutzern erzielt, richtet sich nach von ihr festgesetzten Tarifen. Am 12. April 2013 veröffentlichte die VG Media im Bundesanzeiger einen Tarif für die Wiedergabe von Funksendungen, der für die öffentliche Wahrnehmbarmachung urheberrechtlich geschützter Werke in Funksendungen galt. Mit Bescheid vom 20. März 2015 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde fest, dass dieser Tarif unangemessen sei, und gab der VG Media unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, den Tarif zurückzunehmen. Den Widerspruch der VG Media wies das DPMA zurück.
Das erstinstanzlich mit der Klage der Verwertungsgesellschaft befasste Verwaltungsgericht München hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben1. Auf die Berufung der VG Media hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des DPMA zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Feststellung, der Tarif sei unangemessen, richtete; hinsichtlich der Rücknahmeanordnung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen2: Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Unangemessenheit des Tarifs festzustellen. Sie habe nicht nachgewiesen, dass der Tarif unangemessen sei; hierfür spreche auch keine Vermutung. Die Rücknahmeanordnung sei hingegen rechtmäßig. Die Verwertungsgesellschaft habe den Umfang der ihr zustehenden Rechte nur unzureichend ermittelt und damit gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstoßen. Diese ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Normen über die Tarifaufstellung. Danach sei die Verwertungsgesellschaft zur Aufstellung angemessener Tarife verpflichtet und müsse Nutzern auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einräumen. Die Erfüllung dieser Pflichten setze voraus, dass die Verwertungsgesellschaft den Umfang ihrer Rechte, einschließlich der Priorität der Rechteeinräumung, hinreichend ermittle. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die hiergegen gerichtete Revision der VG Media nun das Berufungsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Ergebnis bestätigt:
Die angefochtene Rücknahmeanordnung konnte auf § 19 Abs. 2 Satz 2 des hier noch anwendbaren Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes gestützt werden. Danach kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Dies schließt die Befugnis ein zu überprüfen, ob die von der Verwertungsgesellschaft veröffentlichten Tarife entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften aufgestellt wurden.
Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz verpflichtet die Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte angemessene Tarife festzusetzen. Die Gesellschaft ist deshalb verpflichtet, ihre Tarife nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte zu bemessen. Außerdem muss die Höhe des Tarifs im Verhältnis zum Umfang dieser Rechte angemessen sein.
Der von der VG Media festgesetzte Tarif erfüllt schon die erste Anforderung nicht. Die vorgelegten Unterlagen waren nicht geeignet zu belegen, dass sie über die dem Tarif zugrunde gelegten Rechte verfügte.
Die vom DPMA weiterhin getroffene Feststellung, der von der VG Media veröffentlichte Tarif sei unangemessen, ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dagegen rechtswidrig. Ein Missverhältnis der Höhe des Tarifs zum Umfang der wahrgenommenen Rechte lässt sich ohne Erkenntnisse zu diesem Umfang nicht feststellen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Juni 2020 – 8 C 7.19
- VG München, Urteil vom 25.10.2016 – M 16 K 15.5333[↩]
- BayVGH, Urteil vom 25.02.2019 – 22 B 17.1219[↩]