Vorschuss vom Verlag – und seine Versteuerung
Nicht rückzahlbare Zahlungen, die ein Verlag zum Zweck der Vorfinanzierung erwarteter GEMA-Zahlungen an den Urheber erbringt und die mit den Ausschüttungen der GEMA zu verrechnen sind, sind unabhängig davon, ob sie als vorzeitige Teilerfüllung einer Vergütungspflicht des Verlages anzusehen sind, mit dem Zufluss als Betriebseinnahmen zu erfassen.
Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Ein Wertzuwachs ist betrieblich veranlasst, wenn ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher, wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Als betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde, noch, dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahme hat. Betriebseinnahmen können auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor begründeter Rechtsanspruch erfüllt, noch eine in der Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll1. Auch das „Behaltendürfen“ des Gezahlten ist nicht Merkmal des Zuflusses einer Betriebseinnahme2.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg3 im vorliegenden Fall nach Ansicht des Bundesfinanzhofs in nicht zu beanstandender Weise durch die Auslegung des Verlagsvertrages festgestellt, dass die Zahlungen dem Autor als Betriebseinnahmen und nicht aufgrund eines Darlehensvertrages zugeflossen sind.
Die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das Finanzgericht, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Dies setzt voraus, dass die Vorinstanz die Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie die für die Vertragsauslegung zu beachtenden Auslegungsregeln zutreffend angewandt hat. Die Bindungswirkung entfällt deshalb insbesondere dann, wenn die Auslegung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, weil beispielsweise die für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände nicht erforscht und/oder nicht zutreffend gewürdigt worden sind4. Das ist vorliegend nicht der Fall, so dass der Bundesfinanzhof an die Vertragsauslegung des Finanzgericht gebunden ist.
Das Finanzgericht konnte sich bei der Auslegung der zwischen dem Autor und dem Verlag getroffenen Abreden -neben dem Wortlaut der Vereinbarung- maßgeblich darauf stützen, dass die Vorschusszahlung wesentlicher Bestandteil der Gegenleistung des Verlages für die Verwertungsrechte des Autors und die Mindestablieferungspflicht von Musikstücken war. Berücksichtigen konnte das Finanzgericht dabei auch, dass es an einer klaren Vereinbarung über ein Darlehen fehlte und dass die Vertragsparteien keine gegenüber dem Verlagsvertrag unabhängige Schuld begründen wollten.
Diese Würdigung des Finanzgericht ist im Gesamtkontext der vertraglichen Verpflichtungen nachvollziehbar. Der Autor hatte in dem Verlagsvertrag die wesentlichen Nutzungsrechte an seinen Werken exklusiv auf den Verlag übertragen und sich zudem verpflichtet, pro Vertragsjahr mindestens zehn neue, unveröffentlichte Werke zu liefern. Er hatte als Urheber der Werke grundsätzlich ein fertiges, druckreifes musikalisches Werk abzuliefern und dem Verlag das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung auf eigene Rechnung (Verlagsrecht) zu überlassen5. Nur weil der Autor diese Verpflichtungen übernommen hatte, war der Verlag bereit, eine Vorfinanzierung in Bezug auf künftige Zahlungsansprüche des Autors gegenüber der GEMA zu übernehmen. Diese Vorfinanzierungsverpflichtung des Verlages war demnach integraler Bestandteil des Verlagsvertrages.
Allein der Umstand, dass der Autor die nicht rückzahlbaren Zahlungen mit seinen Ansprüchen gegenüber der GEMA (Autorenanteil) zu verrechnen hatte, begründet keine -gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen- gesonderte Darlehensabrede mit dem Verlag.
Zum einen löste diese Verpflichtung die Vorfinanzierungszusage nicht aus dem Regelungsgeflecht des Verlagsvertrages. Zum anderen war die Erstattungspflicht des Autors auf die Verrechnung mit den ihm zustehenden Vergütungsansprüchen gegenüber der GEMA (Autorenanteil) beschränkt. Sie führte -abgesehen vom Fall der Beendigung der Mitgliedschaft in der GEMA (§ 2 des Verlagsvertrages)- nur im Erfolgsfall zur Rückführung der Zahlungen an den Verlag.
Dementsprechend haben die Beteiligten auf die Vereinbarung fester Rückzahlungstermine oder –beträge verzichtet. Es fehlt folglich an einer darlehenstypischen Vereinbarung über eine unbedingte Rückzahlungsverpflichtung des Autors.
Diesem Verständnis der vertraglichen Abreden steht ein Schreiben des Verlages mit der dort vorgenommene Wertung nicht entgegen, die an den Autor geleisteten Zahlungen seien „ausschließlich als auf Darlehensbasis gewährte Vorauszahlungen“ auf die vom Autor „zu erwartenden GEMA Vergütungen zu betrachten“. Denn diese Wertung ist weder eindeutig, noch für die rechtliche Qualifizierung bindend.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. August 2016 – VIII R 4/14
- z.B. BFH, Urteile vom 02.09.2008 – X R 25/07, BFHE 223, 35, BStBl II 2010, 550; vom 14.03.2006 – VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 13.10.1989 – III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287[↩]
- FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.10.2013 – 4 K 3111/10[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 05.09.2000 – IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.a [3]; vom 11.01.2005 – IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477, unter II. 2.b aa; vom 10.02.2010 – XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33; vom 01.02.2012 – I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl 2012, 407, Rz 22, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2010 – I ZR 197/07, NJW 2011, 775[↩]