Tagesschau-App
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) ist in Rechtsstreitigkeiten, die die Erfüllung der den Rundfunkanstalten zugewiesenen öffentlichrechtlichen Aufgaben betreffen (hier die Bereitstellung eines Telemedienangebots), nicht gemäß § 50 ZPO parteifähig.
Die Vorschrift des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote in Telemedien untersagt, ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.
Die Beurteilung eines Telemedienkonzepts als nicht presseähnlich durch das zuständige Gremium (§ 11f Abs. 4 bis 6 RStV) und die Freigabe dieses Telemedienkonzepts durch die Rechtsaufsichtsbehörde (§ 11f Abs. 7 RStV) entfalten keine Tatbestandswirkung für die Beurteilung der Presseähnlichkeit eines konkreten Telemedienangebots.
Unter einem Angebot im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, dessen Presseähnlichkeit zu beurteilen ist, ist grundsätzlich das gesamte Telemedienangebot zu verstehen, das auf einem entsprechenden Telemedienkonzept beruht. Besteht ein Telemedienangebot sowohl aus nichtsendungsbezogenen als auch aus sendungsbezogenen Inhalten, ist bei der Prüfung der Presseähnlichkeit allein auf die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Beiträge abzustellen. Stehen bei einem Telemedienangebot „stehende“ Texte und Bilder deutlich im Vordergrund, deutet dies auf die Presseähnlichkeit des Angebots hin.
Parteifähigkeit der ARD[↑]
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechltichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) ist vor den Zivilgerichten nicht parteifähig.
Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, in einem Rechtsstreit klagen (aktive Parteifähigkeit) oder verklagt werden (passive Parteifähigkeit) zu können. Die Parteifähigkeit zählt zu den Prozessvoraussetzungen, deren Mangel das Gericht grundsätzlich in jeder Verfahrenslage einschließlich der Revisionsinstanz gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen hat1. Fehlt die Parteifähigkeit zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ist die Klage wegen Fehlens einer Sachurteilsvoraussetzung als unzulässig abzuweisen2. Parteifähig ist gemäß § 50 Abs. 1 ZPO, wer rechtsfähig ist. Ferner kann ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, gemäß § 50 Abs. 2 ZPO klagen und verklagt werden.
Die ARD ist, jedenfalls soweit sie die hier in Rede stehende „Tagesschau-App“ unter ihrer Bezeichnung und ihrem Logo im Rechtsverkehr anbietet, keine rechtsfähige und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO parteifähige (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts3. Vielmehr handelt es sich bei der ARD insoweit um eine nicht rechtsfähige öffentlichrechtliche Gemeinschaftsform.
Der Abschluss eines Vertrages, durch den sich die Beteiligten gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern (§ 705 BGB), lässt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen, wenn der Zusammenschluss keinen körperschaftlichen Charakter hat und die weiteren Voraussetzungen für eine andere Form der Personengesellschaft fehlen4. Zwar können juristische Personen des öffentlichen Rechts eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden oder Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden5. Schließen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts jedoch zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks zusammen, der in der gemeinsamen Erfüllung einer öffentlichrechtlichen Aufgabe besteht, entsteht keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern eine öffentlichrechtliche Gemeinschaftsform; ein solcher Zusammenschluss hat keinen bürgerlichrechtlichen, sondern öffentlichrechtlichen Charakter. So verhält es sich hier.
Die ARD ist ein Zusammenschluss juristischer Personen des öffentlichen Rechts, nämlich der Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle, einer Anstalt des Bundesrechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland [ARD] vom 09./10.06.1950 in der Fassung vom 08.04.2014). Dieser Zusammenschluss dient der gemeinsamen Erfüllung der in § 2 der Satzung aufgezählten Aufgaben, namentlich der Bearbeitung gemeinsamer Fragen des Programms (§ 2 Abs. 1 Buchst. c der Satzung). Die Aufgabe der Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen und Telemedien ist den Rundfunkanstalten durch den Rundfunkstaatsvertrag als öffentlichrechtliche Aufgabe zugewiesen6. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RStV haben die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten den Auftrag, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Angebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks sind gemäß § 11a RStV Rundfunkprogramme und Telemedien.
Die ARD ist daher, jedenfalls soweit sie den Rundfunkanstalten zugewiesene öffentlichrechtliche Aufgaben – wie hier die Bereitstellung eines Telemedienangebots – erfüllt, keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts7, sondern eine öffentlichrechtliche Gemeinschaftsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit8. Es liegt nahe, bei der ARD – wie bei der gleichfalls von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten betriebenen Stelle zum Einzug des Rundfunkbeitrags (vgl. § 10 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags) – von einer nicht rechtsfähigen öffentlichrechtlichen Verwaltungsgemeinschaft auszugehen9, ohne dass die Frage hier abschließend entschieden zu werden braucht.
Die Rechts- und Parteifähigkeit der ARD ist nicht in Anlehnung an die von der Rechtsprechung zur Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze zu bejahen.
Das käme nur in Betracht, wenn die Struktur der ARD der einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zumindest ebenbürtig und die ARD rechtlich und organisatorisch verselbständigt sowie eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten wäre10. Die ARD ist aber kein eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten. Soweit in der Rechtsprechung erwogen worden ist, die ARD als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen11, betrafen diese Entscheidungen nicht die Frage, ob die ARD als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts rechts- und parteifähig ist. Vielmehr ging es in diesen Entscheidungen darum, ob die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten hinsichtlich der Ausstrahlung eines Gemeinschaftsprogramms über Satellit einander die Zustimmung zur Ausstrahlung einer Gegendarstellung schulden, weil sie im Innenverhältnis wie Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln sind.
Die ARD ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 2 ZPO als parteifähig anzusehen, weil sie auf der Grundlage ihrer Satzung über eine körperschaftliche Struktur verfügt, die der eines Vereins vergleichbar ist. Die Zuerkennung der Parteifähigkeit an nicht rechtsfähige Vereine nach § 50 Abs. 2 ZPO beruht mittlerweile maßgeblich auf der Erwägung, dass auf nicht rechtsfähige Vereine gemäß § 54 Satz 1 BGB die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar sind und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs parteifähig ist12. § 50 Abs. 2 ZPO kann daher nicht allein deshalb auf andere nicht rechtsfähige Zusammenschlüsse entsprechend angewendet werden, weil diese über eine vereinsähnliche Organisationsstruktur verfügen. Es gibt keine § 54 Satz 1 BGB entsprechende Regelung, wonach auf solche Zusammenschlüsse die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar sind.
Wettbewerbsverstoß und Rechtsaufsicht[↑]
Der Tatbestand des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung nach § 4 Nr. 11 UWG scheidet aus, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde einen wirksamen Verwaltungsakt erlassen hat, der das beanstandete Marktverhalten ausdrücklich erlaubt13.
Solange ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, ist die Zulässigkeit des beanstandeten Verhaltens einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen14.
Dabei kann vorliegend für den Bundesgerichtshof offenbleiben, ob das Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17.08.2010 – die Freigabe des vom Rundfunkrats des Norddeutschen Rundfunks am 25.06.2010 beschlossenen Telemedienkonzepts für das Angebot „tageschau.de“ – als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG zu werten oder ob es als schlichtes Verwaltungshandeln einzustufen ist15. Selbst wenn dieses Schreiben als Verwaltungsakt zu werten wäre, stünde damit – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht mit bindender Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass das am 15.06.2011 über die „Tagesschau-App“ abrufbar gewesene Angebot der Beklagten nicht presseähnlich gewesen ist.
Die Reichweite der Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts wird durch seinen Regelungsgehalt bestimmt16. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach den Grundsätzen zu bestimmen, die auch für die Auslegung von Willenserklärungen gelten. Danach ist der erklärte Wille der erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte17. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts ist in erster Linie auf den Entscheidungssatz und die Begründung des Verwaltungsakts abzustellen; darüber hinaus ist das materielle Recht, auf dem der Verwaltungsakt beruht, heranzuziehen18. Ein Verwaltungsakt ist vom Revisionsgericht selbständig auszulegen19.
Das an den Intendanten des NDR gerichtete Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17.08.2010 lautet wie folgt:
[…] haben Sie herzlichen Dank für die Übersendung der für die rechtsaufsichtliche Prüfung notwendigen, umfangreichen Unterlagen zu den Telemedienkonzepten tagesschau.de und einsextra.de. Die Prüfung durch die Rechtsaufsicht gem. § 11f Absatz 7 RStV ist nunmehr abgeschlossen und beide Telemedienkonzepte können im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht werden. Um für künftige Verfahren noch mehr Klarheit zu schaffen, erlaube ich mir, Ihnen bei dieser Gelegenheit folgende Hinweise zu geben: […]
Das Schreiben vom 17.08.2010 enthält weder einen Entscheidungssatz im eigentlichen Sinne noch eine Begründung. Seine Kernaussage beschränkt sich auf die Mitteilung, dass die Prüfung durch die Rechtsaufsicht gemäß § 11f Abs. 7 RStV abgeschlossen sei und die Telemedienkonzepte im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht werden könnten. Der Regelungsgehalt dieser Mitteilung ist daher im Blick auf die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages zu ermitteln, die der rechtsaufsichtlichen Prüfung zugrunde liegen.
Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung ist, wie sich aus § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV ergibt, das Telemedienkonzept, mit dem die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gemäß § 11f Abs. 1 RStV die inhaltliche Ausrichtung von – unter anderem – nichtsendungsbezogenen Telemedien nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV konkretisieren, indem sie deren Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer näher beschreiben. Die Beschreibung des Telemedienangebots ist gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV „nach Prüfung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde“ in den amtlichen Verkündungsblättern der betroffenen Länder zu veröffentlichen. Diese Beschreibung ist in erster Linie heranzuziehen, um den Regelungsgehalt der Mitteilung der Rechtsaufsichtsbehörde zu bestimmen.
Der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde sind nach § 11f Abs. 7 Satz 1 RStV vor der Veröffentlichung alle für eine rechtsaufsichtliche Prüfung notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln. Zu den Unterlagen zählen die Begründung der Gremienentscheidung sowie Stellungnahmen oder Gutachten (vgl. § 11f Abs. 5 RStV). Diese sind allerdings lediglich Mittel und nicht Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung. Sie werden nicht Bestandteil des Telemedienkonzepts und sind dementsprechend nicht zusammen mit diesem gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV zu veröffentlichen20. Diese Unterlagen können deshalb nicht ohne Weiteres herangezogen werden, um den Regelungsgehalt einer Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde zu ermitteln. Das gilt auch für die Begründung, die das zuständige Gremium für seine Entscheidung gibt, ob das Angebot vom Auftrag umfasst ist (§ 11f Abs. 6 RStV).
Das Schreiben vom 17.08.2010 enthält weder einen Entscheidungssatz im eigentlichen Sinne noch eine Begründung. Seine Kernaussage beschränkt sich auf die Mitteilung, dass die Prüfung durch die Rechtsaufsicht gemäß § 11f Abs. 7 RStV abgeschlossen sei und die Telemedienkonzepte im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht werden könnten. Der Regelungsgehalt dieser Mitteilung ist daher im Blick auf die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages zu ermitteln, die der rechtsaufsichtlichen Prüfung zugrunde liegen.
Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung ist, wie sich aus § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV ergibt, das Telemedienkonzept, mit dem die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gemäß § 11f Abs. 1 RStV die inhaltliche Ausrichtung von – unter anderem – nichtsendungsbezogenen Telemedien nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV konkretisieren, indem sie deren Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer näher beschreiben. Die Beschreibung des Telemedienangebots ist gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV „nach Prüfung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde“ in den amtlichen Verkündungsblättern der betroffenen Länder zu veröffentlichen. Diese Beschreibung ist in erster Linie heranzuziehen, um den Regelungsgehalt der Mitteilung der Rechtsaufsichtsbehörde zu bestimmen.
Der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde sind nach § 11f Abs. 7 Satz 1 RStV vor der Veröffentlichung alle für eine rechtsaufsichtliche Prüfung notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln. Zu den Unterlagen zählen die Begründung der Gremienentscheidung sowie Stellungnahmen oder Gutachten (vgl. § 11f Abs. 5 RStV). Diese sind allerdings lediglich Mittel und nicht Gegenstand der rechtsaufsichtlichen Prüfung. Sie werden nicht Bestandteil des Telemedienkonzepts und sind dementsprechend nicht zusammen mit diesem gemäß § 11f Abs. 7 Satz 2 RStV zu veröffentlichen20. Diese Unterlagen können deshalb nicht ohne Weiteres herangezogen werden, um den Regelungsgehalt einer Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde zu ermitteln. Das gilt auch für die Begründung, die das zuständige Gremium für seine Entscheidung gibt, ob das Angebot vom Auftrag umfasst ist (§ 11f Abs. 6 RStV).
Die im Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei zum Ausdruck kommende Freigabe des Telemedienkonzepts „tagesschau.de“ umfasst die Freigabe des Abrufs der im Online-Portal „tagesschau.de“ eingestellten Inhalte über die Applikation „Tagesschau-App“. Das unter „tagesschau.de“ vorgehaltene Online-Angebot der Beklagten ist durch das spätere Angebot der „Tagesschau-App“ lediglich um eine für mobile Endgeräte optimierte Zugriffsmöglichkeit ergänzt worden. Darin liegt kein neues oder verändertes Angebot, das nach dem Rundfunkstaatsvertrag einer eigenständigen Überprüfung bedurft hätte. Es kann danach offenbleiben, ob die Möglichkeit, das Online-Angebot „tagesschau.de“ über Smartphones abzurufen, schon deshalb vom freigegebenen Telemedienkonzept „tagesschau.de“ umfasst ist, weil im Telemedienkonzept die Verbreitung des Angebots im Wege der mobilen Ausspielung über Handys mehrfach erwähnt ist.
Ein neues oder verändertes Telemedienangebot ist, wie sich aus § 11f Abs. 3 Satz 1 RStV ergibt, in einem eigenständigen Verfahren daraufhin zu überprüfen, ob es vom Auftrag umfasst ist. Ein verändertes Angebot liegt nach § 11f Abs. 3 Satz 2 RStV insbesondere vor, wenn die inhaltliche Gesamtausrichtung des Angebots oder die Zielgruppe verändert wird. Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der „Tagesschau-App“ nicht um ein gegenüber dem Online-Portal „tagesschau.de“ verändertes Telemedienangebot.
Das über die „Tagesschau-App“ abrufbare Angebot stimmt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit dem im Online-Portal vorgehaltenen Angebot „tagesschau.de“ inhaltlich überein. Über die „Tagesschau-App“ sind sämtliche auf dem Online-Portal „tagesschau.de“ eingestellten Beiträge abrufbar. Wegen der geringeren Darstellungskapazität eines Smartphones sind bei einem Abruf über die „Tagesschau-App“ zwar die seitlichen Navigations- und Überblicksleisten des Online-Angebots „tagesschau.de“ nicht zu sehen. Dadurch wird jedoch die inhaltliche Gesamtausrichtung des Angebots nicht verändert.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das Angebot, die Inhalte des Online-Portals „tagesschau.de“ über die „Tagesschau-App“ abzurufen, an eine andere Zielgruppe richtet, als das Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“.
Dem für die Bestimmung des Regelungsgehalts des Schreibens der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17.08.2010 maßgeblichen Telemedienkonzept ist zwar die Feststellung zu entnehmen, dass das Angebot „tagesschau.de“ nicht im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV presseähnlich sei. Selbst wenn das Schreiben der Staatskanzlei als Verwaltungsakt zu werten wäre, stünde jedoch aufgrund dieser Feststellung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit bindender Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass das über die „Tagesschau-App“ am 15.06.2011 abrufbar gewesene Angebot „tagesschau.de“ nicht im Sinne dieser Bestimmung presseähnlich gewesen ist21.
Die Legalisierungswirkung einer Freigabe des Telemedienkonzepts erfasst nicht die konkreten Angebote, durch die dieses Konzept umgesetzt werden.
Gemäß §§ 11f Abs. 1 RStV konkretisieren die Rundfunkanstalten in Telemedienkonzepten zwar die inhaltliche Ausrichtung ihrer – unter anderem – nichtsendungsbezogenen Telemedien (§ 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV), indem sie Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer der geplanten Angebote näher beschreiben. Dabei müssen diese Konzepte – nach der Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – genauer als die gesetzliche Ermächtigung sein und können ein einziges oder eine Vielzahl von Angeboten umfassen. Aus dem Text muss sich ablesen lassen, wer angesprochen werden soll, was vorrangig angeboten wird und wie das Angebot sich ausrichtet, ob es sich zum Beispiel um informative, unterhaltende, bildende oder kulturelle Inhalte handelt22. Danach ist in einem Telemedienkonzept zwar die inhaltliche Ausrichtung des Angebots näher zu beschreiben, um damit einen gegenüber der gesetzlichen Ermächtigung höheren Grad an Konkretisierung zu erreichen; ein Telemedienkonzept soll und kann durch eine solche Beschreibung jedoch nicht die konkrete Umsetzung eines geplanten Angebots zu einem bestimmten Zeitpunkt in allen Einzelheiten im Vorhinein festlegen.
Auch die Beschreibung des Angebots „tagesschau.de“ auf den Seiten 42 bis 48 des Telemedienkonzepts des NDR bildet zwangsläufig nur einen Rahmen für konkrete Umsetzungen des Konzepts. So heißt es in den vom Berufungsgericht herangezogenen Auszügen aus dieser Beschreibung, „tagesschau.de“ informiere den Nutzer über aktuelle politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse und biete erläuternde und informierende Hintergrundberichte; die Beiträge würden als Audio oder Video und in Manuskriptform angeboten und um originäre aktuelle Textmeldungen und vertiefende Inhalte wie Interviews, Hintergründe und Analysen, Fotos oder (interaktive) Grafiken ergänzt. Diese allgemeine Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des Konzepts lässt weiten Raum für konkrete Umsetzungen und ist nicht geeignet, die Übereinstimmung von im Online-Portal zur Umsetzung dieses Konzepts eingestellten konkreten Angeboten mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages zu gewährleisten.
Aufgrund einer Legalisierungswirkung der Freigabe des Telemedienkonzepts „tagesschau.de“ steht nicht mit bindender Wirkung für das vorliegende Verfahren fest, dass ein in Umsetzung dieses Konzepts im Online-Portal „tagesschau.de“ eingestelltes Angebot und insbesondere das hier in Rede stehende Angebot vom 15.06.2011 nicht presseähnlich ist.
In Telemedienkonzepten für nichtsendungsbezogene Telemedien (§ 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RStV) ist die inhaltliche Ausrichtung des Telemedienangebots zwar im Hinblick darauf gemäß § 11f Abs. 1 RStV zu konkretisieren, dass nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV nicht zulässig sind. Auch insoweit kann ein Telemedienkonzept jedoch zwangsläufig nur gewisse Leitlinien für die Gestaltung des Angebots aufstellen und nicht gewährleisten, dass eine konkrete Umsetzung des Konzepts, die sich im Rahmen dieser Leitlinien hält, nicht gegen das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote verstößt. Deshalb kann eine Billigung dieses Konzepts durch die Rechtsaufsichtsbehörde, selbst wenn sie bindende Wirkung hätte, nicht dazu führen, dass konkrete Angebote nicht als presseähnlich anzusehen sind.
Das gilt auch für das hier in Rede stehende Telemedienkonzept, in dem auf Seite 24 ausgeführt ist, weshalb die Angebote im Online-Portal der ARD – und damit auch das Telemedienangebot „tagesschau.de“ – nicht presseähnlich seien. In dieser – vom Berufungsgericht zitierten – Beschreibung des Online-Portals heißt es, die ARD nutze alle medientypischen Gestaltungselemente und technischen Anwendungen wie Bewegtbilder, Audios, interaktive Module (inkl. Personalisierung), Hypertextstrukturen (Links), verschiedene Formen von Bild, Text- und Tonkombinationen und gestaffelten Angebotstiefen; außerdem seien die Telemedien der ARD in hohem Maße dynamisch, das heiße die Inhalte würden teilweise in einem sehr kurzen Rhythmus aktualisiert, der sich allein an der aktuellen Entwicklung des Berichtsgegenstands orientiere. Allein die Verwendung medientypischer Gestaltungselemente und technischer Anwendungen sowie die hohe Dynamik eines Telemediums gewährleisten nicht, dass ein konkretes Angebot nicht presseähnlich ist.
Eine Legalisierungswirkung der Freigabe des Telemedienkonzepts folgt für das hier in Rede stehende konkrete Angebot vom 15.06.2011 nicht daraus, dass im Telemedienkonzept kein geplantes, sondern ein bestehendes Angebot beschrieben worden ist und sich das von den Zeitungsverlagen beanstandete Angebot vom 15.06.2011 nicht von dem im Telemedienkonzept beschriebenen Angebot unterscheidet.
Allerdings ist im Telemedienkonzept „tagesschau.de“ kein geplantes Angebot, sondern ein bestehendes Angebot beschrieben. Die Bestimmungen der §§ 11d, 11f RStV gelten zwar unmittelbar nur für geplante Angebote (vgl. § 11f Abs. 1 RStV). Sie sind nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 und 3 RÄStV jedoch entsprechend auf alle bestehenden Angebote anwendbar, die über den 31.05.2009 hinaus fortgeführt werden. Für diesen Bestand war nach Art. 7 Abs. 1 Satz 4 RÄStV das Verfahren entsprechend § 11f RStV bis zum 31.08.2010 abzuschließen. Bei dem von der ARD seit dem Jahr 1996 betriebenen und von dem NDR betreuten Online-Portal „tagesschau.de“ handelte es sich um ein bestehendes Angebot, das über den 31.05.2009 fortgeführt wurde, und dessen inhaltliche Ausrichtung deshalb entsprechend § 11f Abs. 1 RStV in einem Telemedienkonzept zu konkretisieren war.
Das bedeutet jedoch nicht, dass das bestehende Angebot in seiner konkreten Gestalt zum Inhalt des Telemedienkonzepts wurde. Durch die von § 11f Abs. 1 RStV geforderte nähere Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des Angebots in einem Telemedienkonzept soll lediglich ein gegenüber der gesetzlichen Ermächtigung höherer Grad an Konkretisierung erzielt werden; dagegen soll und kann durch eine solche Beschreibung nicht ein konkretes Angebot in allen Einzelheiten für die Zukunft festgeschrieben werden. Deshalb ändert der Umstand, dass sich die Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung des fortzuführenden Angebots im Telemedienkonzept „tagesschau.de“ an dem bestehenden Angebot in seiner konkreten Erscheinungsform orientiert, nichts daran, dass sich das Telemedienkonzept nicht auf dieses konkrete Angebot beschränkt, sondern davon unter Berücksichtigung der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages abstrahiert. Dementsprechend kann die Freigabe des Telemedienkonzepts für ein bestehendes Angebot ebenso wie die für ein geplantes Angebot eine Tatbestandswirkung nur für das von konkreten Angeboten abstrahierende Konzept entfalten und kein konkretes Angebot legitimieren.
Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote[↑]
Bei dem in § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV niedergelegten Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Eine gesetzliche Vorschrift ist im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (§ 1 Satz 1 UWG), nur dann eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll23.
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG24.
Der Wortlaut und die Systematik des § 11d RStV könnten allerdings – wie das Berufungsgericht angenommen hat – dafür sprechen, dass es sich bei § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV um eine Regelung handelt, die lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten soll. Gemäß § 11d Abs. 1 RStV bieten die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio Telemedien an, die journalistischredaktionell veranlasst und journalistischredaktionell gestaltet sind. Dieser Auftrag umfasst nach § 11d Abs. 2 Satz 1 RStV das – inhaltlich und zeitlich näher bezeichnete – Angebot von Sendungen auf Abruf, von sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Telemedien sowie von Archiven. Diese Bestimmungen öffnen den genannten Rundfunkanstalten den Zutritt zum Markt der Telemedien. Vor diesem Hintergrund könnte die Vorschrift des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, wonach nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote nicht zulässig sind, als eine Regelung verstanden werden, die den genannten Rundfunkanstalten den an sich eröffneten Zutritt zum Markt der Telemedien verschließen soll, soweit nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote betroffen sind.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich aber jedenfalls nicht um eine reine Marktzutrittsregelung, sondern zumindest auch um eine Marktverhaltensregelung. Sie hat den Zweck, die Betätigung öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten auf dem Markt der Telemedien zum Schutz von Presseverlagen zu begrenzen. Sie ist damit dem für den Staat bestehenden Gebot vergleichbar, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, bei dem es sich gleichfalls um eine Marktverhaltensregelung handelt, die (auch) dem Schutz von Presseunternehmen dient25. Die Bestimmung des § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV regelt, dass öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten, wenn sie in den ihnen eröffneten Wettbewerb auf dem Markt der Telemedien eintreten, auf nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote verzichten müssen. Sie bestimmt das Verhalten auf dem Markt der Telemedien, ohne den Zugang zu diesem Markt zu verschließen. Sie ist den Regelungen vergleichbar, die beispielsweise Werbung und Sponsoring (§ 11d Abs. 5 Satz 1 RStV) oder bestimmte Angebotsformen (§ 11d Abs. 5 Satz 4 RStV in Verbindung mit der Anlage zum Staatsvertrag) bei Telemedienangeboten verbieten, und bei denen es sich ebenfalls um Marktverhaltensregelungen handelt26.
Unter einem Angebot im Sinne von § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV, dessen Presseähnlichkeit zu beurteilen ist, ist grundsätzlich das gesamte Telemedienangebot zu verstehen, das auf einem entsprechenden Telemedienkonzept beruht. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Begriff des Telemedienangebots auch in den übrigen Bestimmungen der §§ 11f, 11d RStV in diesem umfassenden Sinne verwendet wird. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob einzelne Beiträge innerhalb dieses Angebots für sich genommen als presseähnlich einzustufen sind27.
Presseähnliche Angebote sind gemäß § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV lediglich in nichtsendungsbezogenen Telemedien unzulässig. Besteht ein Telemedienangebot – wie das hier in Rede stehende Telemedienangebot „tagesschau.de“ – sowohl aus nichtsendungsbezogenen als auch aus sendungsbezogenen Inhalten, ist bei der Prüfung der Presseähnlichkeit allein auf die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Beiträge abzustellen28. Im Streitfall ist daher zu prüfen, ob das über die „Tagesschau-App“ am 15.06.2011 abrufbar gewesene Angebot des Online-Portals „tagesschau.de“ in der Gesamtheit seiner nichtsendungsbezogenen Beiträge als presseähnlich anzusehen ist. Da bei sendungsbezogenen Telemedien der zeitliche und inhaltliche Bezug zu einer bestimmten Sendung nach § 11d Abs. 3 Satz 2 RStV im jeweiligen Telemedienangebot ausgewiesen werden muss, dürfte es unschwer möglich sein, die nichtsendungsbezogenen Beiträge, bei denen ein solcher Ausweis fehlt, zu ermitteln und einer solchen Prüfung zu unterziehen.
Nach der in § 2 Abs. 2 Nr.20 RStV niedergelegten Legaldefinition sind unter einem presseähnlichen Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistischredaktionellen Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen, zu verstehen.
Zur Beurteilung der Presseähnlichkeit eines Telemedienangebots ist dieses danach mit Zeitungen und Zeitschriften zu vergleichen. Für diesen Vergleich ist auf gedruckte Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften abzustellen. Das ergibt sich bereits daraus, dass elektronische Ausgaben von Printmedien – und damit auch elektronische Ausgaben von gedruckten Zeitungen und Zeitschriften – nach der Legaldefinition ohne Weiteres als presseähnliche Angebote anzusehen sind. Auf das Internetangebot von Presseverlagen kommt es für den Vergleich dagegen nicht an29.
Bei dem Vergleich ist auf die Gestaltung und den Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften abzustellen. Für Zeitungen und Zeitschriften ist es charakteristisch, dass sie vor allem Texte und daneben (unbewegte) Bilder enthalten. Steht der Text deutlich im Vordergrund, deutet dies daher auf die Presseähnlichkeit eines Angebots hin30. Dafür spricht auch die Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Danach soll das Verbot presseähnlicher Angebote der Tendenz begegnen, dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen; ein solcher Schwerpunkt könne vermieden werden, wenn öffentlichrechtliche nichtsendungsbezogene Telemedienangebote ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung oder einer entsprechenden Kombination hätten31.
Ein Telemedienangebot ist nicht deshalb presseähnlich, weil es aus Sicht des Nutzers aufgrund der Dichte und Breite der dargebotenen Information geeignet ist, als „Presseersatz“ zu dienen. Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten können sich auf die gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk berufen. Diese umfasst neue Dienste mittels neuer Techniken, die künftig Funktionen des herkömmlichen Rundfunks übernehmen können32. Den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten kann es daher durch § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV grundsätzlich nicht verwehrt sein, in dem von ihrem Programmauftrag umfassten nichtsendungsbezogenen Telemedienangebot ausführlich und umfassend über sämtliche Themen zu berichten, die auch Gegenstand der Berichterstattung in Zeitungen und Zeitschriften sind. Die Eröffnung der Möglichkeit zu einer solchen Berichterstattung für die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten durch § 11d Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 1 RStV beeinträchtigt allerdings die wirtschaftlichen Interessen der Presseverlage. Sie berührt damit die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gleichfalls verfassungsrechtlich geschützte Pressefreiheit. Diese hat auch eine objektivrechtliche Seite und garantiert das Institut „Freie Presse”. Der Staat ist verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen33. Dem ist indessen dadurch genügt, dass journalistischredaktionelle Angebote der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in nichtsendungsbezogenen Telemedien nach § 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Teilsatz 3 RStV nicht durch „stehende“ Texte und Bilder geprägt sein dürfen, sondern ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung oder einer entsprechenden Kombination haben müssen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. April 2015 – I ZR 13/14
- vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2004 – XI ZR 40/03, BGHZ 159, 94, 98[↩]
- Saenger/Bendtsen, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn. 12[↩]
- vgl. zur Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 343 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 23.02.2012 – I ZR 6/11, BGHZ 193, 49 Rn.19 – Kommunikationsdesigner; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 705 Rn. 1[↩]
- vgl. RG, Urteil vom 01.04.1940 – V ZR 174/39, RGZ 163, 142, 149; Staudinger/Habermeier, BGB, 2003, § 705 Rn. 25; MünchKomm-.BGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rn. 76[↩]
- vgl. zur Veranstaltung von Rundfunkprogrammen BFH, Urteil vom 06.07.1967 – V 76/64, BFHE 89, 164, 167[↩]
- offengelassen von OLG Düsseldorf, ZUM-RD 2015, 166 Rn. 40; LG Köln, ZUM 2013, 502 Rn. 109 bis 111[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2005 – 6 PB 14/05 5; OLG München, NJW-RR 1992, 1444, 1445; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 16 Rn. 9; Binder, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11 RStV Rn. 61; Gersdorf, Rundfunkrecht, 2003, Teil 5 Rn. 349; ders. in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, 2014, § 11b RStV Rn. 12; Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn. 172; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Kapitel 12 Rn. 321; Hahn in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., Anhang zu §§ 11e, 11f RStV Rn. 36; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 50. AL November 2011, vor § 11 RStV Rn. 66; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., Kapitel 9 Rn. 36; Fessmann, FuR 1980, 623 ff.; Steinwärder, Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, 1998, S. 318 ff.[↩]
- vgl. Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 16 Rn. 10; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Kapitel 12 Rn. 459; Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., Kapitel 9 Rn. 36[↩]
- zur Rechts- und Parteifähigkeit der Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II vgl. BGH, Urteil vom 22.10.2009 – III ZR 295/08, VersR 2010, 346 Rn. 10[↩]
- vgl. OLG Dresden, ZUM-RD 2000, 540, 541; OLG Jena, ZUM-RD 2000, 542 f.; OLG München, NJW 2001, 613, 614[↩]
- vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen, BT-Drs. 16/12813, S. 15; BGH, Urteil vom 02.07.2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69, 73 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2005 – I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 269 Atemtest I; Urteil vom 24.09.2013 – I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 10 f. = WRP 2014, 429 Atemtest II[↩]
- sogenannte Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts) ((vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2007 – I ZR 125/04, WRP 2007, 1359; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.01.2010 – IX ZR 50/07, NVwZ-RR 2010, 372 Rn. 7; Beschluss vom 16.12 2014 – EnVR 54/13, N&R 2015, 107 Rn.19[↩]
- für Ersteres Eifert in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11f RStV Rn. 189; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 39. AL Mai 2009, § 11f RStV Rn. 56; Hain, AfP 2012, 313, 322; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1496 f.; für Letzteres Huber, ZUM 2010, 201, 202 f.; Degenhart, AfP 2014, 107, 108 f.; Wierny, ZUM 2014, 196, 199; vgl. auch Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 486[↩]
- vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 142; BeckOK.VwVfG/Schemmer, Stand: 1.01.2015, § 43 Rn. 28; Peuker in Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl., § 43 Rn. 22[↩]
- BGH, WRP 2007, 1359 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 – 9 C 4/04, BVerwGE 123, 292, 297; Urteil vom 19.03.2013 – 5 C 16/12, NJW 2013, 1832 Rn. 10[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 26.07.2006 – 6 C 20/05, BVerwGE 126, 254 Rn. 78; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 43 Rn. 15[↩]
- BGH, WRP 2007, 1359 Rn. 16[↩]
- vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 51[↩][↩]
- vgl. Degenhart, AfP 2014, 107, 111; Hartl/Wagner, jurisPR-ITR 6/2914 Anm. 5; vgl. auch Held in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11d RStV Rn. 142[↩]
- vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 49[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 02.12 2009 – I ZR 152/07, GRUR 2010, 654 Rn. 23 = WRP 2010, 876 – Zweckbetrieb, mwN[↩]
- Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.49; Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 335; Degenhart, AfP 2014, 107; Hartl/Wagner, jurisPR-ITR 6/2914 Anm. 5; aA Eifert in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11f RStV Rn.197; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1497 f.; Peifer, GRUR-Prax 2012, 521, 523; ders., GRUR-Prax 2014, 44[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.12 2011 – I ZR 129/10, GRUR 2012, 728 Rn. 11 = WRP 2012, 935 – Einkauf Aktuell[↩]
- Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 306[↩]
- vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 43. AL Mai 2010, § 11d RStV Rn. 15; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 106; Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 305; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499; Fiedler, K&R 2012, 795, 797; vgl. auch Held in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 11d RStV Rn. 70; Nawrath, MMR 2011, 79, 82[↩]
- Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499[↩]
- Schulz in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 2 RStV Rn. 173; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 106; Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 304; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539; Hain/Brings, WRP 2012, 1495, 1499[↩]
- Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, 43. AL Mai 2010, § 11d RStV Rn. 15; Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV, 2009, S. 107; Peters, Öffentlichrechtliche Online-Angebote, 2010, Rn. 306; Schmidtmann, ZUM 2011, 526, 539 f.; Nawrath, MMR 2011, 79, 80 f.[↩]
- vgl. Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 14/3859, S. 47[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 05.02.1991 – 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88, BVerfGE 83, 238, 302[↩]
- BVerfG, Teilurteil vom 05.08.1966, 1 BvR 586/62, 610/63, 212/64, BVerfGE 20, 162, 175 f.[↩]