Unberechtigte Musik-Downloads – und die Haftung des WLAN-Betreibers

Der Betreiber eines WLAN ist Diensteanbieter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG1.

Ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsantrag ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zur Zeit seiner Begehung rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist2.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquatkausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist3. Bei der Auferlegung von Kontrollmaßnahmen ist zu beachten, dass Geschäftsmodelle, die nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schaffen oder fördern, nicht wirtschaftlich gefährdet oder unverhältnismäßig erschwert werden dürfen4.

Die in § 8 Abs. 1 TMG in seiner im Zeitpunkt der beanstandeten Bereitstellung zum Herunterladen geltenden Fassung vom 26.02.2007 geregelte und auf Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruhende Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters steht der Annahme nicht entgegen, dass der Anbieter eines Internetzugangs für von Dritten über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung haften kann5.

Nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG und § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG in seiner im Tatzeitpunkt und im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Fassung sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst (Nr. 1), den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt (Nr. 2) und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben (Nr. 3).

Der Betreiber eines WLAN ist Diensteanbieter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG1. Es ist mit Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG vereinbar, von einem Diensteanbieter, dessen Dienste zur Begehung einer Rechtsverletzung genutzt worden sind, zu verlangen, dass er diese Rechtsverletzung abstellt oder verhindert und die für ein solches Verlangen aufgewendeten Abmahnkosten und Gerichtskosten erstattet6. Ebenso steht diese Vorschrift der Verpflichtung des Betreibers eines privaten oder gewerblichen WLAN-Anschlusses zu Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen7.

Nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31/EG lässt Art. 12 Abs. 1 dieser Richtlinie die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichfalls sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln8.

Bei der Beurteilung der Frage, welche technischen Maßnahmen einem Diensteanbieter auferlegt werden können, um Rechtsverletzungen abzustellen oder zu verhindern, haben die für eine solche Anordnung zuständigen innerstaatlichen Behörden oder Gerichte die betroffenen Grundrechte in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen9. Hierbei sind insbesondere das Grundrecht der Rechteinhaber auf Schutz des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta; Art. 14 Abs. 1 GG) einerseits und das Recht des Diensteanbieters auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta; Art. 12 Abs. 1 GG) sowie das Recht der Nutzer dieses Dienstes auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta; Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) andererseits zu berücksichtigen10.

Der Betreiber eines privaten WLAN-Anschlusses haftet unter der Geltung des § 8 TMG aF für über diesen Anschluss von Dritten begangene Rechtsverletzungen, wenn das WLAN ohne die im privaten Gebrauch verkehrsüblichen und zumutbaren Zugangssicherungen im Kaufzeitpunkt aktueller Verschlüsselungsstandard sowie die Verwendung eines individuellen, ausreichend langen und sicheren Passworts betrieben wird11. Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende Verhaltenspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die unbefugte Nutzung seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung durch Dritte gekommen und diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht vielmehr bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses12. Die Gründe, die den Bundesgerichtshof bewogen haben, eine Störerhaftung des Plattformbetreibers erst anzunehmen, nachdem er von einer ersten Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat, liegen bei privaten WLAN-Betreibern nicht vor. Bei diesen ist kein Geschäftsmodell betroffen, das durch die Auferlegung präventiver Prüfungspflichten gefährdet wäre. Auf den Zugangsvermittler sind die Haftungsprivilegien nach Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr und § 10 TMG, die im Falle des Host Providers einen weitergehenden Unterlassungsanspruch ausschließen, nicht anwendbar12.

Auch im Falle der gewerblichen Bereitstellung eines Internetzugangs über WLAN ist der Betreiber unter der Geltung des § 8 TMG aF zur Abwendung seiner Störerhaftung zur Vornahme entsprechender Sicherheitsvorkehrungen verpflichtet. Diese Verpflichtung entsteht allerdings erst nach Erhalt eines geeigneten Hinweises auf eine Rechtsverletzung. Zwar ist die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2000/31/EG und § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG vorgesehene Privilegierung des Host Providers auf den Betreiber eines gewerblichen WLAN nicht anwendbar13. Die Auferlegung einer anlasslosen Verhaltenspflicht bei Inbetriebnahme wie der Pflicht zur Verschlüsselung mittels eines Passworts wäre aber geeignet, das Geschäftsmodell der gewerblichen Bereitstellung von Internetzugängen unverhältnismäßig zu erschweren14.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Bereitstellung des WLAN im Zusammenhang mit dem Angebot gewerblicher Leistungen15. Es handelt sich damit um einen Fall der gewerblichen Bereitstellung eines Internetzugangs.

Die Rechteinhaberin hat im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht, den Kläger bereits vor dem im Streitfall beanstandeten Angebot zum Herunterladen darauf hingewiesen zu haben, dass über sein WLAN urheberrechtsverletzende Handlungen begangen worden sind. Die Voraussetzungen der Störerhaftung lagen damit schon im Zeitpunkt des beanstandeten Angebots zum Herunterladen nicht vor, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch mangels Wiederholungsgefahr nicht besteht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 53/18

  1. vgl. BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 18 Dead Island, mwN[][]
  2. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 01.03.2018 – I ZR 264/16, GRUR 2018, 62 Rn. 11 = WRP 2018, 835 Verkürzter Versorgungsweg II; Urteil vom 13.12 2018 – I ZR 3/16, GRUR 2019, 298 Rn. 26 = WRP 2019, 327 Uber Black II[]
  3. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn.19 Sommer unseres Lebens; Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14, BGHZ 208, 82 Rn. 21 Störerhaftung des Accessproviders; Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 64/17, GRUR 2018, 1044 Rn. 15 = WRP 2018, 1202 Dead Island, jeweils mwN[]
  4. vgl. BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 15 Dead Island, mwN[]
  5. BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 16 Dead Island[]
  6. vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 76 bis 78 McFadden/Sony Music[]
  7. vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 90 bis 101 McFadden/Sony Music[]
  8. vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12.07.2011 C324/09, Slg. 2011, I6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 L’Oréal/eBay; Urteil vom 24.11.2011 C70/10, Slg. 2011, I11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 Scarlet/SABAM; Urteil vom 27.03.2014 C314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 43 = WRP 2014, 540 UPC Telekabel/Constantin Film[]
  9. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 McFadden/Sony Music; BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 21 Dead Island, mwN[]
  10. vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 100 McFadden/Sony Music; BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 21 Dead Island, mwN[]
  11. vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 22 und 23 sowie 32 bis 34 Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 24.11.2016 – I ZR 220/15, GRUR 2017, 617 Rn. 14 = WRP 2017, 705 WLAN-Schlüssel[]
  12. vgl. BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 24 Dead Island, mwN[][]
  13. vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 55 bis 65 McFadden/Sony Music[]
  14. vgl. BGHZ 208, 82 Rn. 27 Störerhaftung des Accessproviders; BGH, GRUR 2018, 1044 Rn. 25 f. Dead Island[]
  15. vgl. auch EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 43 McFadden/Sony Music[]