Urheberrechtsverletzungen in der EU – und die deutschen Gerichte

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über die gegen in einem anderen EU-Mitgliedsland sitzende Verletzer erhobenen Ansprüche aus einer Verletzung von Urheberrechten, folgt aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO bzw. jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO.

Nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

Gesellschaften haben gemäß Art. 60 Abs. 1 Buchst. a Brüssel-I-VO für die Anwendung der Verordnung ihren Wohnsitz am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes.

Zu den unerlaubten Handlungen im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO zählen Urheberrechtsverletzungen1.

Die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann2. Dabei kommt es nur darauf an, ob der Kläger schlüssig vorgetragen hat, dass im Inland ein im Sinne des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO schädigendes Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist3.

Die Frage, ob Ansprüche wegen einer Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte bestehen, ist nach dem deutschen internationalen Privatrecht ebenso wie jetzt nach Art. 8 Abs. 1 Rom-II-VO grundsätzlich nach dem Recht des Schutzlandes – also des Staates, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird – zu beantworten. Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die Rechtsinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen4.

Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte an einem Leuchtenmodell sind, für das die Kläger im Inland urheberrechtlichen Schutz beanspruchen, ist danach im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts setzt nicht voraus, dass das Leuchtenmodell tatsächlich im Inland urheberrechtlichen Schutz genießt und die daran bestehenden urheberrechtlich geschützten Rechte tatsächlich verletzt worden sind.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 76/11

  1. vgl. EuGH Urteil vom 03.04.2014 – C387/12, GRUR 2014, 599 Rn. 35 – Hi Hotel/Spoering; BGH, Urteil vom 24.09.2014 – I ZR 35/11, GRUR 2015, 264 Rn. 15 = WRP 2015, 347 – Hi Hotel II[]
  2. vgl. EuGH, GRUR 2014, 599 Rn. 27 – Hi Hotel/Spoering; BGH, GRUR 2015, 264 Rn.19 – Hi Hotel II, jeweils mwN[]
  3. vgl. EuGH, GRUR 2014, 599 Rn.20 f. – Hi Hotel/Spoering; BGH, GRUR 2015, 264 Rn. 18 – Hi Hotel II, jeweils mwN[]
  4. BGH, GRUR 2015, 264 Rn. 24 – Hi Hotel II, mwN[]