Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen – und der Informationszugang zu seinen Sitzungsprotokollen

Die anonymisierten Sitzungsprotokolle des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen unterliegen nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keinem besonderen Amtsgeheimnis und können deshalb Gegenstand eines Auskunftsanspruchs nach dem Informationsfreiheitsgesetz sein.

Im hier entschiedenen Fall befasst sich der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit dem Einfluss externer Berater im Politikbetrieb und begehrt den Informationszugang zu Sitzungsprotokollen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Dem Beirat gehören mehr als 30 Professoren an deutschen Universitäten an, die den Bundesfinanzminister in allen Fragen der Finanzpolitik unabhängig beraten sollen. Zu diesem Zweck werden Gutachten erstellt, die veröffentlicht werden. Über die zweitägigen Sitzungen des Beirats wird ein kurzes Verlaufsprotokoll angefertigt, das nach der Satzung des Beirats nicht veröffentlicht wird. Nach der Satzung sind die Beratungen nicht öffentlich und die Zusammenarbeit beruht auf Vertraulichkeit. Den beantragten Informationszugang lehnte das Bundesministerium ab.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Berlin gab der Klage statt1. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bundesrepublik blieb vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ohne Erfolg2. Und das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und auch die Revision der Bundesrepublik als unbegründet zurückgewiesen:

Das Bundesministerium der Finanzen ist nach dem Informationsfreiheitsgesetz für die Entscheidung über den Antrag auf Informationszugang zuständig.

Dem Anspruch auf Informationszugang stehen keine Ausschlussgründe entgegen. Insbesondere begründet die Satzung des Beirats als bloßes Binnenrecht kein besonderes Amtsgeheimnis im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG. Auch liegt hier nicht der Versagungsgrund des Schutzes von Behördenberatungen vor.

Die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, es sei nicht davon auszugehen, dass die zukünftigen Beratungen des Beirats aufgrund einer Veröffentlichung der Protokolle beeinträchtigt würden, ist für das Bundesverwaltungsgericht revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5. Mai 2022 – 10 C 1.21

  1. VG Berlin, Urteil vom 04.07.2019 – VG 2 K 178.18[]
  2. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2020 – OVG 12 B 11.19[]